Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW 12, 2019)

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MMS, Backpulver, Zeolith, kolloidales Silber, Aprikosenkerne – die Liste der angeblich von der bösen Pharmaindustrie unterdrückten Wundermittel ist schier endlos. Allen gemeinsam ist, dass sie bestenfalls nutzlos, schlimmstenfalls gesundheitsgefährdend sind oder dazu führen, dass eine wirksame Behandlung ernsthafter Krankheiten unterlassen wird. Warum die Kunde vom unbekannten Allheilmittel sich heute noch schneller verbreitet als die von der Zaubertinktur aus Schlangenöl vor hundert Jahren, ist klar: Das Internet ist das ideale Medium, um jeglichen Unsinn blitzschnell bis in die letzte Ecke des Planeten zu transportieren. Unser Wiki ist ein Versuch, dieser umfassenden Fehlinformation ein wenig evidenzbasiertes Wissen entgegenzustellen. Unterstützung dabei ist natürlich immer willkommen, weshalb wir Euch gerne ermutigen möchten, bei uns mitzuhelfen, selbst Aufklärung zu betreiben, darüber zu schreiben, Podcasts und Videos zu veröffentlichen und Euch in Kommentarschlachten zu stürzen, um der Stimme der Vernunft etwas mehr Gewicht zu geben. Ein kurzer Hinweis genügt, und wir berichten auch gerne über Eure Aktivitäten im nächsten Wochenrückblick.

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Die Wahrheit in der Wissenschaft – oder die Wahrheit in Bild der Wissenschaft?

Die Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“, die im Untertitel den stolzen Anspruch erhebt, „Deutschlands erstes Wissenschaftsmagazin“ zu sein, hat einen Sonderband 2018 herausgegeben. Darin werden in kurzen und allgemeinverständlichen Beiträgen „50 Sternstunden der Wissenschaft“ vorgestellt.
Der Leser wird gewiss nicht überfordert, sondern dort abgeholt, wo ihn die Redaktion vermutet. Wie stets bei solchen Anthologien mag man die eine Sternstunde vermissen oder die andere für weniger stellar halten; damit wollen wir uns jetzt aber nicht weiter aufhalten. Ein kurzer Abschnitt aus der Einleitung ist es, der unsere Aufmerksamkeit fesselte:

Doch wie definiert man Wahrheit?
Wahr bedeutet, dass sich eine wissenschaftliche Erkenntnis auf eine logisch einwandfreie Aussage beziehen muss. Dazu ist eine Basis für die Erkenntnis von Wahrheit erforderlich.

Doch wie kann man die finden? Auch hier gibt uns die Wissenschaft eine klare Antwort: Die Basis für die Erkenntnis von Wahrheit im Sinne von Wissen kann nur im Konsens gewonnen werden. Denn eine Realität – und damit Wahrheit – im absoluten Sinne gibt es nicht. Deshalb ist eine Trennung von Wissen und Meinung auch in der Wissenschaft letztlich unmöglich.

Erst der kommunikative Austausch unter Forschern ermöglicht die Bildung von Wissenschaft im Prozess des Erkennens, Prüfens, Modifizierens oder Verwerfens von Erkenntnissen. Am Schluss bleibt der ernüchternde und gleichzeitig tröstliche Satz: Wahr ist, was die Scientific Community kommuniziert – und als wahr annimmt.

Brauchen wir Trost, und finden wir das „tröstlich“? Versuchen wir, uns klarer zu machen, was uns da eben mitgeteilt worden ist.

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Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW 10, 2019)

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Wer erklärt, warum Homöopathie wirkungsloses Zuckerzeugs ist, will sich deswegen noch lange nicht bei jeder Erkältung „mit Antibiotika vollpumpen“. Wer die Vorteile von Kernkraftwerken beim Klimaschutz aufzählt, verdammt deswegen nicht unbedingt alle regenerativen Energiequellen. Und wer sich für Impfungen ausspricht, steht deswegen nicht auf „Chemie im Körper“ oder ist ein Fan der Pharmaindustrie. Selbst in der Politik wird mit diesem unsäglichen Stilmittel der totalen Übertreibung gearbeitet. Aktuell erleben wir das bei der Urheberrechts-Richtlinie der EU: wer mit Artikel 11 und 13 inhaltlich nicht einverstanden ist, will angeblich Künstlern das Einkommen wegnehmen und alles kostenlos herunterladen. Nur weil man sich für etwas ausspricht, muss man nicht automatisch das Gegenteil ablehnen und umgekehrt. Irgendwie scheint die Fähigkeit, besonnen und differenziert zu argumentieren, immer mehr verloren zu gehen. Idealerweise sollte das schon in der Grundschule erlernt und geübt werden. Nur mit aufmerksam geführten, sachlichen Debatten lassen sich vernünftige Ergebnisse erzielen. Alles andere ist rhetorische Kriegsführung. Unser Wochenrückblick bietet einen Streifzug durch einige aktuelle Aufreger-Themen. Eure Gedanken dazu lesen wir gerne im Forum, im Blog, auf Twitter und Facebook, wo wir uns auch über frische #Psirama-Links freuen.

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Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW 9, 2019)

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„Wie können Sie es wagen, sich zu medizinischen Themen zu äußern, obwohl Sie kein Arzt sind?“. „Sie sind kein Physiker, also glaube ich Ihnen auch nichts, was Sie über die Relativität erzählen“. Solche und ähnliche Sprüche finden sich immer wieder in Grundsatzdiskussionen über wissenschaftliche Themen. Wissenschaft ist für alle da, und eine Menge Wissen ist offen verfügbar und lässt sich bei ausreichendem Ehrgeiz auch gut erschließen und verstehen. Ob eine Aussage wahr ist oder nicht, hängt natürlich nicht davon ab, von wem sie kommt. Wer allerdings wenig weiß, muss sich auf Autoritäten verlassen oder sich am eigenen (Irr-)Glauben festklammern. In beiden Fällen ist die Gefahr groß, zu völlig falschen Schlüssen zu kommen. Dazu kommt: Im Internet findet sich neben nützlichem Wissen auch eine Menge Unsinn, der interessant präsentiert wird, aber Menschen dümmer macht. So kommt es, dass etwa Youtube-Stars für Aussagen zu Impfungen, Pseudomedizin, Gesundheitsmythen oder für wilde Verschwörungsgeschichten verehrt werden, obwohl die dargebrachten Inhalte realitätsfern und schlicht nachprüfbar falsch sind. Auch wir bei Psiram sind nicht auf allen Fachgebieten studierte Experten. Allerdings geben wir uns größte Mühe, alle gesammelten Informationen auf Korrektheit abzuklopfen. Gelingt das einmal nicht, sind wir für Korrekturen jederzeit dankbar, ebenso wie für #Psirama-Links. Auf die Nachrichten in diesem Wochenrückblick sollte man sich ebenfalls nicht hundertprozentig verlassen. Da unsere Leserschaft aber im kritischen Denken geübt ist, haben wir nicht nach Glaubwürdigkeit vorsortiert.

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Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW 8, 2019)

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Facebook-Benutzer lesen Artikel nicht, bevor sie sie teilen und Youtube-Gucker glauben jeden Blödsinn. Diese Behauptung ist natürlich maßlos übertrieben, aber irgend jemand wird sie schon auf irgendwelchen Plattformen zitieren und verbreiten. Beim Umgang mit Medien gibt es allerdings wirklich einigen Lernbedarf auf Seiten der Nutzer, wie mehrere Artikel in diesem Wochenrückblick zeigen. Was können wir also tun, um dafür zu sorgen, dass Informationen kritischer rezipiert, bewertet und weitergegeben werden? Zunächst einmal sollten wir mit gutem Beispiel voran gehen und jeden Artikel aufmerksam lesen und die darin enthaltenen Informationen sorgfältig prüfen. Das mag zwar etwas Aufwand verursachen, aber es lohnt sich und bereitet letztendlich auch Freude, wenn man Sinn und Unsinn voneinander trennen kann. Macht Euch doch einfach mal den Spaß und fragt Eure Facebook-Freunde oder Twitter-Timeline, was in einem gerade geteilten Artikel wirklich drin steht. Vielleicht fangen dann manche Leute an, über ihre Klickgewohnheiten nachzudenken. Eure Linkvorschläge, geprüft oder ungeprüft, nehmen wir gerne hier entgegen.

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Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW 7, 2019)

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Vor einem Jahr wurde das „Münsteraner Memorandum Homöopathie“ veröffentlicht. Die nun erschienene „Homöopathie-Deklaration“ vom „Dialogforum Pluralismus in der Medizin“ darf man wohl als so etwas wie eine Antwort auf das Memorandum verstehen. Während der Münsteraner Kreis streng darauf achtete, jeden Punkt mit überprüfbaren Fakten zu unterlegen, wirkt die „Deklaration“ dagegen mehr wie ein wütendes Fußaufstampfen, vermischt mit persönlichen Angriffen gegen Homöopathiekritiker und dem Versuch, die Realität neu zu definieren. In diesem Wochenrückblick finden sich Texte vom INH, von Edzard Ernst und Joseph Kuhn (Gesundheits-Check) mit sachlichen Einordnungen des Homöopathen-Dekrets. Außerdem hat Holm Hümmler einen langen und beachtenswerten Text darüber geschrieben, was Lücken in der Wissenschaft nicht bedeuten, nämlich dass sie mit beliebigem Unsinn gefüllt werden dürfen. Bitte lasst uns Links für die nächste #Psirama-Folge hier und diskutiert die Artikel der vergangenen Woche mit der notwendigen Skepsis.

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Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW 6, 2019)

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Wissenschaft ist kein Wunschkonzert, denn für die gerade so populäre Meinungspluralität ist dort kein Platz. Trotzdem gibt es keinen Grund, der Wissenschaft Dogmatismus vorzuwerfen, wie es aus pseudowissenschatlichen Ecken gelegentlich tönt. Bei der Suche nach der tatsächlichen Beschaffenheit der Welt geht es darum, eine Wahrheit zu finden, die vollständig mit den Fakten übereinstimmt, nicht um Mehrheiten. Stellt sich eine Erkenntnis als falsch oder unvollständig heraus, wird sie früher oder später durch ein besseres Konstrukt ersetzt. Aus diesen Gründen gibt es auch keinerlei Anlass für ernstzunehmende Wissenschaftler, einen auch noch so kleinen Schritt auf die ungeprüften und oft unprüfbaren Glaubenssysteme von Alternativmedizinern und Schwurbelprofis zuzugehen. Realität und Unsinn haben eben keinen gemeinsamen Nenner. Udo Endruscheit setzt sich im Blog „Die Erde ist keine Scheibe“ mit der Unmöglichkeit einer Konsensfindung auseinander und auch Natalie Grams schreibt bei Spektrum über dieses Thema. Uns interessiert wie immer, was Euch dazu einfällt und natürlich sind auch Linktipps für den nächsten Wochenrückblick jederzeit willkommen.

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Leitfaden für Skeptiker – Teil 4: Der Bestätigungsfehler (Confirmation Bias)

Definition: Ein Bestätigungsfehler (engl. confirmation bias) ist in der Kognitionspsychologie die Neigung, Informationen so auszuwählen, zu ermitteln und zu interpretieren, dass diese die eigenen Erwartungen erfüllen (bestätigen).

„Es hört nie auf zu regnen! Es regnet … im … mer … fort.“ lässt Douglas Adams den LKW-Fahrer Rob McKenna im „Anhalter“ rufen. Als erfahrene Skeptiker sehen wir hier sofort einen Bestätigungsfehler. Und auch Arthur Dent widerspricht: „Natürlich hört es auf zu regnen.“

Der Confirmation Bias beschreibt die Tendenz, bevorzugt solche Informationen wahrzunehmen, zu erinnern und zu akzeptieren, die zu unseren bestehenden Überzeugungen und dem vorhandenen Wissen passen. Umgekehrt neigen wir dazu, jene Informationen zu vergessen, zu verdrängen oder abzulehnen, die mit unserem Weltbild oder unseren Erfahrungen nicht im Einklang sind.

Während wir damit beschäftigt sind, eine Flut neuer Informationen zu verarbeiten, fügen wir diese zu einem Narrativ oder Paradigma zusammen. Grundsätzlich ist es hilfreich, eine Art Schablone zu haben, in die wir neue Informationen einpassen. So können wir sie durch Bildung von Zusammenhängen leichter speichern und verstehen.

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Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW 4, 2019)

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Die aktuelle Folge der US-Science-Fiction-Serie „The Orville“ spielt auf einem Planeten, dessen Bewohner ihr gesamtes Leben nach der Astrologie ausrichten. So ist es dort gesellschaftlicher Konsens, dass in einem bestimmten Zeitraum Geborene grundsätzlich schädliche und gefährliche Charakereigenschaften aufweisen, weshalb diese Personen lebenslang in Lagern eingesperrt werden müssen. Der Glaube an die Macht der Sterne ist so stark, dass niemand auf die Idee kommt, diese Annahme zu hinterfragen, obgleich es sich ansonsten um eine aufgeklärte und hochtechnisierte Gesellschaft handelt. Fazit: Irrationale Glaubenssysteme führen zu falschen Entscheidungen und haben negative Auswirkungen auf unser Leben. Deshalb haben Bildungseinrichtungen, Politik und Medien die Verantwortung, gesichertes Wissen zu fördern und zu verbreiten und sich von Aberglaube fern zu halten. Auch eine Kleinigkeit wie die Vermeidung der Zahl 13 bei der Nummerierung von Gesetzen ist daher für uns ein Anlass, die Stimme zu erheben. In diesem Wochenrückblick finden sich viele weitere Beispiele dafür, welche Schäden der Glaube an Wunder, Götter und Übersinnliches anrichten kann. Deshalb lasst uns ein Gegengewicht bilden und nur gut geprüfte Informationen und gesichertes Wissen verbreiten. Lustige Geschichten über die Schicksalskraft der Planeten oder die heilende Wirkung von Zuckerkugeln gehören höchstens noch auf die Witzseiten der Boulevardblätter. Sinnvolle Informationen dagegen sammeln wir gerne für die nächste #Psirama-Folge. Also meldet Euch, helft mit und diskutiert darüber!

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„Staatenbündler“ als Hochverräter: Schluss mit der Folklore!

Landesgericht Graz

Deutschland hat seine Reichsbürger, Österreich seine Staatenbündler. Was sie eint, ist die absurde Theorie, das Gemeinwesen, das für jeden sichtbar Staatsgewalt ausübt, sei kein Staat, sondern eine Handelsgesellschaft, sowie die Übersteigerung dieser Schnapsidee in einen Allmachtswahn, an dessen Ende Gewaltbereitschaft bis zum Totschlag steht. Höchste Zeit, dass der wehrhafte, demokratische Rechtsstaat nicht nur beschworen wird, sondern endlich zeigt, dass er auch anders kann, wenn es darauf ankommt. Das hat das Landesgericht in Graz in einem am 25. Januar 2019 verkündeten Urteil nunmehr getan: Die 42jährige Chefin des „Staatenbunds Österreich“ rückt für 14 Jahre (!) ein, und ein weiterer Mitangeklagter, pensionierter Polizist, atmet für 10 Jahre gesiebte Luft.

Der Strafausspruch erscheint enorm; das hat seinen Grund darin, dass das Landesgericht Graz in den selbsternannten Staatenbundlenkern keine verirrte Folkloretruppe sieht, sondern diese beim Wort genommen hat. Wer „Haftbefehle“ gegen Regierungsmitglieder verfasst und diese mit dem Ersuchen um Vollzug an das Bundesheer schickt, stiftet zu einer Tat an, die in § 242 des Österreichischen Strafgesetzbuchs so beschrieben wird:

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt die Verfassung der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer zu ändern oder ein zur Republik Österreich gehörendes Gebiet abzutrennen, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren zu bestrafen.

„Unternehmen“ heißt: Bei solchen Delikten stehen Versuch und Vollendung in strafrechtlicher Hinsicht gleich. Was im Falle des Hochverrats auch nur natürlich ist, denn im Falle einer erfolgreichen Vollendung der Tat wäre niemand mehr da, der diese bestrafen könnte.

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