Teil 2 unserer Serie zur Philosophie Bunges
Wenn es eine Idee gibt, die Bunges Philosophie zugrunde liegt, dann ist es wahrscheinlich diese: Man muss streng unterscheiden zwischen einer faktischen Existenz und einer konzeptuellen Existenz. Diese Unterscheidung durchzieht die gesamte Ontologie Bunges (Lehre vom Sein) und seine gesamte Erkenntnistheorie. Ich kenne keinen Philosophen, der da auch nur annähernd so konsequent ist. An keiner Stelle lässt er offen, ob er „von der Welt da draußen“ spricht oder von der Vorstellung, die wir uns von ihr machen. Ein Objekt kann entweder materiell oder konzeptuell sein, aber nicht beides zugleich. Ein materielles Objekt, d. h. ein real existierendes, hat einen Zustandsraum, d. h. es kann sich verändern; ein Konstrukt, d. h. ein konzeptuelles Objekt hingegen hat keinen Zustandsraum – es kann sich also strenggenommen weder verändern noch nicht verändern: „der Zustandsraum eines abstrakten Objektes [ist] leer“ [9]. Ein Konstrukt ist eine von ihrer Entstehung (Ideation) und ihrer Kommunikation abstrahierte Idee/Theorie [10], es ist eine Äquivalenzklasse von Gedanken (d.h. Hirnprozessen eines bestimmten Typs) [11], mithin nicht die individuelle, je einzigartige, reale Tätigkeit des einzelnen Gehirns. Konstrukte haben kein Eigenleben, nur konkrete Hirntätigkeit kann sie ‚verändern‘. Wenn alle Gehirne aufgehört haben zu existieren, dann gibt es auch keine Gedanken mehr, und aus Büchern und CDs werden tote Gegenstände ohne Bedeutung – die Poppersche Welt 3 hat ihr Ende gefunden.