Bei der Firma PROBIOSA in Alfter bei Bonn ist „Ganzheitlichkeit“ Trumpf, und unter diesem Aspekt gibt es hier unter vielem anderem auch Mineralerden zur Nahrungsergänzung, insbesondere „Zeolit“ und „Myolit“. Dabei handelt es sich um zwei in der Anwendungsempfehlung ähnliche Mineralpräparate.
Über „Zeolith“ weiß unser Wiki mehr: https://www.psiram.com/de/index.php?title=Klinoptilolith
Schauen wir uns also Myolith einmal näher an.

Myolit wird in Kapselform angeboten. Angeblich soll es bei Entschlackung und Darmreinigung, die in einschlägigen Kreisen obsessiv propagiert wird, helfen und aus 100 % „Clarit 125“ bestehen. Dies ist nun kein Begriff aus Mineralogie oder Petrografie, sondern der Handelsname eines Produkts der Firma Süd-Chemie in München, die zur Clariant-Gruppe gehört, einem Spin-off der Chemiesparte der Sandoz AG und ein Nachfolgeunternehmen der Hoechst AG.
Das als pdf abrufbare Datenblatt zeigt: es handelt sich um alkalisch aktivierten Bentonit, ein tonhaltiges Mischmineral mit starker Wasseraufnahme- und Quellfähigkeit (bevor Mutmaßungen zur „Aktivierung“ aufkommen: bei der „alkalischen Aktivierung“ wird durch einen Ionentausch einfach nur Calciumbentonit zu einem Natriumbentonit umgebaut).
Technisch kann man mit Bentonit alles mögliche anstellen – nur aufs orale Einwerfen muss man erst einmal kommen. Die üblichen Anwendungen reichen von Abdichtungen im Tiefbau über Katzenstreu bis zum Klären von Wein. Bentonit kann in Flüssigkeiten Schwebstoffe binden, daher ist es unter Aquariumbetreibern gebräuchlich. Clarit 125 wird von Süd-Chemie speziell für die Lebensmittelindustrie angeboten, als Klärungsmittel für Wein und Säfte, und ich kann mir recht gut vorstellen, was für einen Ast sich der Produktmanager gelacht haben könnte, wenn er seinen Weinverschönerer als „ganzheitliches“ NEM wiederfand. Als Lebensmittelzusatz trägt Bentonit übrigens die Bezeichnung E 558 und wird dort als Trennmittel und als Trägersubstanz für Farbstoffe verwendet . So haben wir uns „Ganzheitlichkeit“ immer vorgestellt!
Die Preise für Bentonit differieren je nach Anwendung und Aufbereitung: für Gartenbau und Aquarium ist es ca. 1 €/100 g, bei der Weinbehandlung 2 bis 5 €/100 g. Als Katzenstreu gibt es 10 kg schon für 3 €. Will man mit E 558 den eigenen Darm reinigen, muss man den Beutel etwas weiter auftun: bei PROBIOSA kosten 90 Myolit-Kapseln, von denen täglich ein bis zwei Stück eingeworfen werden sollen, knapp 35 €.
Übrigens weist PROBIOSA vorsichtshalber selbst darauf hin, dass das Präparat bei oraler Einnahme nicht ganz ohne ist:
„Die angegebene empfohlene Verzehrmenge darf nicht überschritten werden.“
Womöglich entfaltet der Bentonit sonst an ganz ungeeignetem Ort seine abdichtenden Eigenschaften.
Teil 1: Das letzte Hemd …
Teil 2: Spiegel und Salz, Gott erhalts!
Teil 4: Der gute (Grund)Ton
Teil 5: Wer eine Meise hat, hat auch Likör
Neueste Kommentare