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Artikel Tagged ‘Charité’

Klehr wird der Prozess gemacht

21. Januar 2012 12 Kommentare

In Salzburg hat gestern der lang erwartete Prozess gegen den „guten“ Dr. Klehr begonnen. Er ist in drei Fällen wegen Betrugs angeklagt. Anklage wurde bereits 2008 erhoben, aber Klehr hatte sein Möglichstes getan, um den Prozess zu verhindern und den Beginn mit Einsprüchen ordentlich verzögert.

Allerdings kam er schlussendlich mit der Behauptung, dass die Berliner Universitätsklinik „Charité“ seine Behandlungsmethoden verifiziert habe, nicht durch. Die „Charité“ hatte im Gegenteil 2010 erfolgreich auf Unterlassung dieser Behauptung geklagt.

Die Opfer hatten Klehr insgesamt etwa 58.000 Euro (160.000 Schilling, 30.500 Euro und 15.000 Euro) gezahlt, weil er ihnen versprochen hatte, dass mit seiner Behandlungsmethode die Krebszellen vernichtet würden. Einem Patienten, der an Darmkrebs litt, hatte er Lebensverlängerung oder zumindest Linderung der Schmerzen versprochen. Nach 4 Monaten war der Patient tot. Einem Patienten mit bösartigem Hirntumor hatte er die Auflösung der Krebszellen durch seine Eigenbluttherapie versprochen. Nach 4 Monaten war dieser ebenso tot. Eine 22-jährige Polin mit Nerventumor verstarb ebenfalls, auf dem Weg von der Praxis ins Spital.

Laut dem Verteidiger hat Klehr selbstverständlich nur eine Stärkung der Widerstandskraft gegen die Krebserkrankung versprochen, nichts Konkretes. Von Heilung usw. war natürlich nie die Rede. Also dafür würde doch jeder gerne 12.000/15.000/30.500 Euro hinblättern.

Der Ausgang des Prozesses ist mit Spannung zu erwarten, nächste Woche geht es weiter. Bei einer Verurteilung drohen Klehr bis zu 10 Jahre Haft. Österreich ist für Scharlatane offensichtlich ein heißes Pflaster …

Ein Bericht zum Prozess findet sich beim ORF und Bilder dazu finden sich bei Salzburg 24.

Homöopathie ist Zauberei

30. Mai 2010 25 Kommentare


Oder Hexerei, Magie, je nachdem, wie man es übersetzen mag. Das jedenfalls verkündet klar und deutlich die BMA (British Medical Associacion), der Britische Ärzteverband mit immerhin ca. 140.000 Ärzten und Medizinstudenten als Mitglieder. Eine erfreulich klare Stellungnahme, die nicht um den heißen Brei herum redet und etwas klarstellt, was schon lange offensichtlich ist. Noch erfreulicher, dass das auch von größeren Medien auf der Insel aufgegriffen wird wie z.B. vom Telegraph, etwas, was für den deutschsprachigen Journalismus eher undenkbar ist, so es denn schon daran mangelt, dass eine deutsche Ärztevereinigung überhaupt jemals konkrete Stellung zur Homöopathie nimmt. Das mag wohl daran liegen, dass für viele Ärzte Homöopathie einerseits ein willkommenes Zusatzgeschäft ist, und andererseits – dank des absurden, einmaligen „Binnenkonsens“ – ein legales Placebo darstellt.

Der Unterschied zwischen Homöopathie und Wissenschaft

1861 warnte das altehrwürdige britische Fachmagazin für Medizin »The Lancet«, dass Zugfahren zu Schwindelanfällen, Kopfschmerzen, Gallenleiden und weiteren schlimmen Sachen führen könne. Heute wissen wir, dass das diese Hypothese Quatsch war. Dieses zuzugeben, ist für Mediziner und/oder Wissenschaftler überhaupt kein Problem. Hypothesen aufstellen, sie zu prüfen, und gegebenenfalls zu verwerfen wenn sie nicht zutreffen, ist das Wesen Mehr…

Neues aus dem Laborjournal-Blog

12. März 2010 3 Kommentare

„Alternativmedizin im “Zeit-Wissen-Magazin”“ hatten wir ja schon im Blog, bevor das Heft erschienen war. Das Februarheft und der Artikel über die Phytotherapie waren dann für unser Themenspektrum uninteressant und lohnten eigentlich keinen eigenen Blogartikel. Allerdings scheint der Podcast relativ unkritisch die schamanistischen Praktiken der „Ambulanz für Prävention und Integrative Medizin” der Charite zu beleuchten, wie im Blog des Laborjournals nachzulesen ist (Auszug):

Paramedizin im Qualitätsblatt der Bildungsbürger

Da führe ich mir gestern nichtsahnend das Podcast einer angesehenen, wenn nicht sogar der renommiertesten deutschen Wochenzeitung zu Gemüte, und was passiert: Es wird minutenlang unreflektiert der Paramedizin gelobhudelt.
Das Ganze läuft unter der fetten, überhaupt nicht suggestiven Überschrift „Die Heilkraft der Alternativmedizin”. Bebildert mit Echinacea-Blüten in perfekter Weichzeichner-Idylle lese ich zunehmend entgeistert den ebenfalls total neutralen Anreissertext:

„Nicht alles Lug und Betrug: Was die Naturheilkunde die Schulmedizin noch lehren kann und wie Patienten davon profitieren, erfahren Sie im Audio-Podcast von …” –
na, eben von dieser renommierten deutschen Wochenzeitung. Beziehungsweise in deren Wissensmagazin.

Im Podcast-Hörbeitrag kommen dann Sätze vor, bei denen es mir die Nackenhaare
aufstellt: „Alternativ- und Schulmediziner gehen aufeinander zu, und für die
Patienten hat das Vorteile.” Es gebe „eine Art Friedensprozess” in der Medizin; man
habe während der Recherche zu diesem Podcast einen „Professor Stefan Willich an
der Charité Berlin” besucht. Man „spüre an dessen Institut dieses
Aufeinanderzugehen so richtig”, und im Tonfall schwingt unausgesprochen mit: „Na
endlich sind die Parawissenschaften an der Universität angekommen!”

Laborjournal-Blog
Das Life Science Blog der Laborjournal-Redaktion

Hier ist noch mal der Link zum Podcast, wir müssen uns den auch erstmal selbst zu Gemüte führen, aber das Laborjournal ist so eine gute Quelle, dass wir uns es erlauben, das ohne gründliches Hören des Podcastes zu bringen. Wir sind schließlich Medienamateure und keine hochbezahlten Profijournalisten eines Qualitätsmagazins.

Latte statt Leitlinie

20. März 2009 9 Kommentare

Der Medien-Triumph des Banalen über das Wichtige
Wenn man die Printmedien der letzten Woche zu medizinischen Themen überblickt, so fällt auf, dass sehr viele Zeitungen auch in ihrem Online-Angebot eine Nachricht verbreiteten: ein aussichtsreiches pflanzliches Viagra sei gefunden und würde gegenwärtig an der Charité geprüft. Da wurde der Doktorand schon mal zum „Studienleiter“, der Alleingang des Studenten und vermutlich seines Doktorvaters schon mal unter das Renommee der Charité gestellt, was von diesen aber wohl beabsichtigt war. Eine Meldung wirkt glaubwürdiger, wenn die Institution einen guten Ruf genießt, was ja auch meistens gerechtfertigt ist. Bis in den „Krankenkassen-Ratgeber“ watschelte die Marketingente. Auch wenn Sex die „wichtigste Nebensache der Welt“ sein soll: da hat wohl die Begeisterung, dass die Wirkungen von Viagra jetzt auch ohne Nebenwirkungen, was ja mit dem Begriff „Bio-Viagra“ suggeriert werden soll, zu haben seien, den einen oder anderen Redakteur dazu verleitet, erst weiterzugeben und dann erst nachzufragen. Die unerfreuliche Wahrheit über diese Meldung kommt derzeit an Licht, die Charité erwägt rechtliche Schritte, die Zeitungen drucken Klarstellungen oder nehmen die Meldung ganz heraus. An der Geschichte war wenig jenseits der Phantasie eines Doktoranden und dem Marketinginteresse des Herstellers, der die Nahrungsergänzung nächstes Jahr auf den Markt bringen will.

Ganz leise neben diesem mächtigen Rauschen im Blätterwald wirkt dagegen die eigentliche Meldung der Woche, wenn nicht des Jahres hinsichtlich ihrer Tragweite. Der Skandal um den amerikanischen Anästhesiologen Scott Reuben, der über mindestens 12 Jahre hinweg mindestens 21 Studien gefälscht haben soll, findet bis auf eine kleine Notiz im Ärzteblatt vom 11.03.2009 bislang nicht den Weg in die großen deutschen Agenturen. Wahrscheinlich Millionen Patienten wurden mit Mitteln aufgrund von angeblich gesicherten Empfehlungen behandelt, deren Datenbasis schlicht gefälscht war. Diesen Mitteln wurden besondere Vorteile gegenüber den bisher verwandten zugeschrieben. Natürlich waren sie teurer. Und auffallend oft Neuentwicklungen aus dem Hause Pfizer. Die Mittel fanden Eingang in die Leitlinien, also Empfehlungen für sachgerechtes ärztliches Handeln, zuungunsten anderer Substanzen. Was diese, aus heutiger Sicht, grundlos veränderten Empfehlungen an zusätzlichen Kosten verursacht haben, wird man erst abschätzen müssen, auch, ob dadurch Menschen durch die Gier und Skrupellosigkeit eines Mannes zu Schaden kamen. Bextra und Vioxx, von Reuben empfohlene Mittel, wurden bereits vor einigen Jahren vom Markt genommen wegen schwerer Nebenwirkungen. Vielleicht werden jetzt weitere folgen. Der Anästhesiologe war letztes Jahr über einen hausinternen Formfehler gestolpert, wodurch nach und nach das ganze elaborierte Lügengebäude einstürzte. Immerhin waren seine Veröffentlichungen von namhaften Fachjournals abgedruckt worden, er hatte also die üblicherweise wirksamen Qualitätskontrollen zu unterlaufen gewusst. Auch scheint der Pharma-Konzern Pfizer, dessen Mittel von den Empfehlungen Reubens stark im Umsatz profitierten, möglicherweise über die Vergabe von Geldern in den Betrug verwickelt. Die Geschichte hat also nicht nur alles, was eine Meldung für Leser spannend machen sollte, sondern hätte für nicht wenige Leser – die Mittel sind auf dem Markt – auch direkte Konsequenzen: sie könnten bei ihrem Arzt einmal nachfragen, ob es nicht ggf. Alternativen zu ihrer gegenwärtigen Medikation gibt.

Es steht also einmal unwichtig und unwahr gegen wahr und wichtig.

Warum verbreitete sich also die eine Meldung wie ein Lauffeuer und die andere schwelt nach wie vor unter der Decke? Eine Schreckstarre vor dem Giganten Pfizer wird es nicht gewesen sein. Die Antwort könnte vielleicht ganz einfach sein: Journalisten sind (wie alle Menschen) bequem und sie stehen unter Zeitdruck. Die eine Meldung konnte rasch mit ein paar bunten verbalen Anregungen versehen gedruckt werden, da sie – sie kam ja von der Charité – als seriös galt. Die andere Meldung war weniger erfreulich, hätte Recherchen in US-Medien und an den beteiligten Institutionen erfordert zuzüglich vielleicht noch Nachforschungen, wie verbreitet die Mittel hierzulande sind. Wenn man also nur „Dienst nach Vorschrift“ machen wollte, irgendwie nur das Blatt füllen wollte, war man vom zeitlichen und Arbeitsaufwand her mit der ersten Meldung besser bedient. Die Alternative, dass nämlich in den Nachrichtenagenturen und Redaktionen nur noch Menschen sitzen, die einen großen Skandal nicht mal erkennen, wenn man ihn ihnen auf den Bauch bindet, mag man sich nicht vorstellen. Auch nicht, dass man dort der Meinung ist, eine gute Nachricht über Sex verkaufe sich besser als eine schlechte Nachricht über Krankheit.

Die Fragen bleiben also: warum nehmen die deutschen Medien den Fall Reuben/Pfizer so wenig zur Kenntnis? Warum erscheint den Redakteuren Lifestyle wichtiger als Lebensrettung? Trügt dieser Eindruck?

Hoffentlich kommen die Herren und Damen Wissenschaftsredakteure bald mal in die Puschen. Während sie von „Bio-Viagra“ träumen, werden draußen im Lande die Menschen auf Grundlage dieser Fälschungen behandelt.

bisherige deutschsprachige Links zum Thema:
Wissenschaftsbetrug schockt USA
Von Christa Karas in der „Wiener Zeitung“

US-Schmerzforscher als Studienfälscher entlarvt im Blog „Stationäre Aufnahme“

Medizinischer Fälschungsskandal: Der bedenkliche Fall des Scott S. Reuben im Blog „Echolot“

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21.03.2009
wieder die Wiener Zeitung:
Wer benötigte neue Schmerzmittel?
Von Christa Karas

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23.03.2009
Das schockierende Lügengebilde des Scott Reuben und dessen Fundamente
im Blog „Weitergen“

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Schmerzfreier Fälscher
23.03.2009, 20:49
Von Hanno Charisius
(Süddeutsche Zeitung)

Und nochmal: Homöopathie an der Charite

9. Juni 2008 5 Kommentare

Am 19. 5.08 erschien bei „spiegel.de“ ein Artikel:

Autor: Julia Koch
HOCHSCHULEN
Mit Nadeln und Kügelchen
Die Berliner Charité richtet die erste Professur für „Komplementärmedizin“ ein. Was haben Homöopathie und Qigong in der universitären Forschung zu suchen?

Link

2008, die Charite richtet eine Stiftungsprofessur für Komplementärmedizin ein.

Früher war alles besser:

Der langjährige Direktor des Institutes für Gerichtliche Medizin an der Charite, Otto Gerhard Prokop, schrieb bemerkenswerte Bücher zum Thema Alternativmedizin:

Homöopathie: was leistet sie wirklich? Ullstein, Frankfurt/M ; Berlin 1995

Ludwig Prokop, Otto Prokop, Heinz Prokop: Grenzen der Toleranz in der Medizin Verlag Gesundheit, Berlin 1990

Wolf Wimmer, Otto Prokop: Der moderne Okkultismus : Parapsychologie und Paramedizin ; Magie und Wissenschaft im 20. Jahrhundert 2. Aufl. 2006. Elsevier Verlag, München

Medizin sollte den Menschen helfen und nicht Ideologien bedienen.
Paramedizinische Forschung an deutschen Hochschulen im 21. Jahrhundert ist einfach nur noch peinlich.
Die Natur diskutiert sowieso nicht. Die Mißerfolge der „Erforschung“ der Homöopathie sind planbar.
Wozu also diese sinnlose Verschwendung von Ressourcen für Quack?
Weil man den Dummen dieses wirkunglose Zeug eben auch ohne Wirksamkeitsnachweis verkaufen kann. Der Otto-Normalbürgerin reichen Anekdoten und akademische Titel als Referenz. Die „Fachliterarur“ für Gesundheitsfragen liegt beim Frisör auf dem Zeitschriftenstapel.
So könnte man es eigentlich nennen: „Forschung auf dem Niveau von Frauenzeitschriften“.

Vielleicht sollten die Chemiker auch mal wieder anfangen, den „Stein der Weisen“ zu suchen. Schließlich wurde nie widerlegt, daß es ihn nicht doch geben könnte.

Pseudowissenschaft an der Charite, die Zweite

8. Juni 2008 1 Kommentar

der Fall zieht Kreise. Stark zu vermuten ist, dass aus marketingtechnischen Gründen versucht wird, eine Blendeinrichtung zu schaffen.
Die Kompetenz von Frau Witt kann man sich ungefähr vorstellen, wenn man das Abstract zu ihrer Doktorarbeit liest.

Das Laborjournal hat sich auch umfassend mit dem Thema befasst:

Offensichtlich verfolgt die Carstens-Stiftung die gleiche Strategie, die die Anthroposophen in Kassel erfolgreich angewandt haben: Über Stiftungsprofessuren okkulte Theorien mit akademischer Seriosität anzustreichen. Das ist einigermaßen seltsam. Die Homöopathie hat in den zweihundert Jahren ihres Bestehens nie einen Nachweis ihrer Wirksamkeit erbracht: Dabei gab es über hundert Versuche. Zudem wirken im Lichte heutiger wissenschaftlicher Erkenntnisse die theoretischen Grundlagen der Homöopathie derart abstrus, dass Nachweisversuche keine Berechtigung haben. Offenheit für Außenseitermethoden ist gut und schön, aber einer, der heute noch versucht, einen Nachweis für die Wirksamkeit der Homöopathie zu erbringen, erinnert an einen, der zum hundertsten Male versucht, mit dem bloßen Arm einen Apfel auf den Mond zu werfen. Das ist keine Offenheit, das ist Verbohrtheit oder Schlimmeres.

Das Ganze kann (muss!) man hier lesen.

Pseudowissenschaft an der Charite

4. Juni 2008 4 Kommentare

Die sollten sich schämen!
In Berlin forschte Robert Koch. Dort wurde Medizingeschichte geschrieben.

So sieht die Realität im 21. Jahrhundert aus:

Ärzte Zeitung, 20.05.2008
Charité vertieft Forschung in Alternativmedizin
Europas größte Uniklinik besetzt erste Professur zur Erforschung der Komplementärmedizin in Deutschland

BERLIN (ble). Als nach eigenen Angaben erste deutsche Universitätsklinik hat die Berliner Charité eine Stiftungsprofessur zur Erforschung der Komplementärmedizin besetzt. Erste Inhaberin des neuen Lehrstuhls ist Professor Claudia Witt.

Ärztezeitung

Durch Krankheiten sterben und leiden Menschen. Die Charite hat nichts Besseres zu tun, als einen Lehrstuhl für Schamanismus einzurichten, nur weil diese Stiftung mit einem dicken Scheck winkt.

Die „Forschung“ an Homöopathie und Ähnlichem geht mit schönster Regelmäßigkeit gegen den Baum.
Es wäre natürlich eine Sensation, wenn plötzlich elektronenmikroskopische Aufnahmen von „Miasmen“ oder die Messung von „Lebenskraft“ publiziert würden.
Die Chancen dafür dürften allerdings eher LM 1000 oder kleiner sein.
Ich freu mich schon auf die „bahnbrechenden Papers“.

Vielleicht spendieren die Kreationisten demnächst mal einen alternativen Bio-Prof ?
Mich würde es nicht wundern.

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