Von Professorinnen und Brühwürfeln. Eine Polemik.

Man stelle sich einen x-beliebigen mittelgroßen Betrieb vor, in dem, sagen wir, Halbfertigprodukte für die Lebensmittelindustrie hergestellt werden. Der Betrieb hat etwa 150 gewerbliche Arbeitnehmer unmittelbar in der Produktion, davon 130 Frauen und 20 Männer. Durch ein geschicktes Vergütungsstufenmodell und einseitige Beförderungsrichtlinien hat es die Geschäftsleitung verstanden, die Arbeitnehmerinnen systematisch schlechter zu bezahlen, als dies bei männlichen Arbeitnehmern gleicher Qualifikation und vergleichbarer Tätigkeit der Fall ist.

 

Ein klarer Fall: so ein Unternehmen hat Aufholbedarf, was die Gleichstellung der Frauen im Erwerbsleben angeht.

 

Stellen Sie, verehrter Leser, verehrte Leserin, sich nun weiter vor: Sie sind eine Arbeitnehmerin in diesem Betrieb und werden so um verdiente Früchte Ihrer Arbeit und Ihrer Ausbildung behumst. Wie kämen Sie sich vor, wenn Ihre Geschäftsleitung, anstatt für gleichmäßige Arbeitsbedingungen und Bezahlung zu sorgen, mit dem Ausdruck größter gesellschaftlicher Verantwortung plötzlich anordnete: ab morgen tun wir einen großen Schritt in Richtung Gleichberechtigung und nennen unsere Brühwürfelverpacker beiderlei Geschlechts BRÜHWÜRFELVERPACKERINNEN? Also, ich wüsste, wohin sich die Geschäftsleitung so ein Dekret stecken könnte.

Weiterlesen

Das Elend der Volkshochschulen (5) Bitte bequeme Kleidung, warme Socken, ein Kissen und eine Decke mitbringen – den kritischen Verstand dürfen Sie zu Hause lassen.

VHS_Titel5

Die warme Socke – Wahrzeichen der VHS?

 

In den vier vorangegangenen Folgen sind Wege aufgedeckt worden, auf denen irrationale Gedankenwelten in die Programme der Volkshochschulen einsickern; nicht etwa vereinzelt, sondern flächendeckend. Anscheinend muss man davon ausgehen, dass bundesweit keine VHS existiert, der es gelingt, sich gegen die Vereinnahmung durch unnütze bis gefährliche Heilslehren zuverlässig zu schützen. Hinweise auf Gegenbeispiele werden gerne entgegen genommen – nur wo sind sie?

Es ist vermutlich illusorisch, von den VHS zu erwarten, dass sie sich an die Spitze einer Aufklärungskampagne gegen Homöopathie setzen. Vermutlich ist es sogar zu viel verlangt, Kursangebote in dieser Richtung auch nur zu vermeiden – wenn gleichzeitig eine öffentliche Universität sich ein „Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften“ leistet. Sehr wohl aber könnte erwartet werden, dass zumindest der haarsträubendste Unfug nicht auf dem Umweg über einen VHS-Kurs den Ritterschlag öffentlicher Beglaubigung erhält. Dabei reichen in den meisten Fällen wenige Minuten der Überprüfung, mit wem und womit man es bei den Kandidaten für eine Dozententätigkeit zu tun hat. Wenige Mausklicks reichen aus, um vorgewarnt zu sein, dass ansonsten beispielsweise

Weiterlesen

Das Elend der Volkshochschulen (4) Im Dienste seltsamer Hierarchien

VHS_Titel4

 

Stellen Sie sich vor, da behauptet jemand, er könne durch einfaches Handauflegen universale und grenzenlose Heilenergien strömen lassen; Krankheiten und Verletzungen lassen sich damit kurieren, Giftstoffe verlassen den Leib, körpereigene Heilkräfte leben auf. Zimmerpflanzen wachsen davon besser und selbst Hund und Katz gedeihen nochmal so gut, Speisen und Getränke werden davon auch noch gesünder. Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt: ein einschlägiges Hand(-auflege-)buch verzeichnet nicht weniger als 385 Störungen, von Allergien und Asthma über Haarausfall, Herpes und Hühneraugen hin zu Tuberkulose, Tumoren und Typhus, die so behandelt werden können. Und das alles nicht nur hier und jetzt, sondern über die Grenzen von Zeit und Raum hinaus, also als Fernwirkung, in der Vergangenheit und in der Zukunft. Spooky, nicht? Da muss man schon ein hartgesottener Esoteriker sein, um daran zu glauben. Kein Gedanke, dass so etwas Eingang in das Bildungsangebot einer kommunalen Einrichtung wie der örtlichen VHS finden könnte! Oder doch?

Man lasse sich eben etwas einfallen, bezeichne das Ganze mit einem raunend-fernöstlichen Wort „Reiki“, und siehe da: man kann es landauf, landab erlernen und mit Hilfe der VHS sogar in dem dazu gehörenden Hierarchiesystem aufsteigen.

Weiterlesen

Das Elend der Volkshochschulen (3) – Eichstätt

VHS_Titel3

Eichstätt ist, zugegebenermaßen, nicht zufällig, sondern gezielt ausgewählt worden. Grund dafür war weniger der Umstand, dass hier ein Bischof Walter Mixa eine stockkonservative Ausrichtung des dortigen Priesterseminars betrieb, sondern der Umstand, der eine ungute Verquickung von kommunalen Diensten und esoterischen Umtrieben nahelegt: eine Stadträtin der „Grünen“ hatte sich als Betreiberin eines „spirituellen Kinos“, Anbieterin von „Lichtwasser“-Seminaren und Geistheilerin hervorgetan, Letzeres zeitweise sogar mit dem – illegalen – Anbieten von Fernheilungen.

Möchte man sich den Tort eines Vortrages von Rüdiger Dahlke, Jürgen Fliege oder Masaru Emoto antun, kann man das in ihrer Seminarreihe immer noch gerne tun.

Weiterlesen

Das Elend der Volkshochschulen (2) – Erfurt

VHS_Titel2

Auch die Landeshauptstadt Erfurt unterhält die örtliche VHS als Teil der kommunalen Verwaltung in Form eines Eigenbetriebs. Das Bildungsprogramm orientiert sich, den „Leitlinien“ zufolge, an den „individuellen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Erfurt und dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse“. Das klingt an sich nicht schlecht, also schaun wir mal!

Weiterlesen

Das Elend der Volkshochschulen – Die Ihr eintretet, lasst alle Vernunft fahren

VHS_Titel

 „Die Ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren“

lautet in Dantes Divina Commedia die Inschrift über dem Tor zur Hölle.

Volkshochschulen in Deutschland verstehen sich als gemeinnützige Einrichtungen zur Erwachsenen- und Weiterbildung. Zu ihren Trägern gehören, neben einigen privaten Organisationen, hauptsächlich Kommunen und kommunale Zweckverbände; auch die Finanzierung erfolgt zu beträchtlichen Teilen aus öffentlichen Haushalten. Die Kursangebote der Volkshochschulen tragen damit in der öffentlichen Wahrnehmung quasi einen amtlichen Stempel. Von verantwortlicher Seite sollte daher eigentlich ein Auge darauf geworfen werden, dass auf diesem Ticket kein Unsinn unter das Volk gebracht wird.

Weit gefehlt.

Weiterlesen

Was die Beschneidungsdebatte und eine Burgruine gemeinsam haben

Ein etwas ungewöhnlicher Einstieg ins Thema:

 

Eine mittelgroße Stadt in Südhessen zählt zu ihren wenigen bedeutenden Bauten ein Festungsbauwerk aus dem 15. Jahrhundert. Das Bauwerk war bis in die 80er Jahre hinein verfallen und von wuchernder Vegetation überwachsen. Dann endlich rafften sich Magistrat und Denkmalpfleger auf und konzipierten eine Wiederherstellung und Freilegung der Gebäudesubstanz. Es folgte eine jahrelange erbitterte Debatte zwischen Denkmal- und Naturschützern, die statt dessen unbedingt das gewachsene Biotop erhalten wollten. Die Auseinandersetzungen hätten beinahe dazu geführt, die örtlichen „Grünen“ zu spalten.

 

Was war passiert? Es war zu einem Interessenwiderstreit gekommen, den so niemand vorher hatte kommen sehen wollen. Auf beiden Seiten der Front standen Werte, die vorher bei ein und denselben Personen positiv besetzt waren. So lange diese Werte nicht an einem konkreten Fall in Kollision gerieten, war es bequem, die Möglichkeit einer solchen Kollision zu verdrängen. Debatten, die sich dann am Aufflammen solcher Konflikte entzünden, haben die Eigenschaft, unübersichtlich, unsortiert, unreflektiert und deshalb hochgradig hysterisch zu verlaufen. Und da werden sich plötzlich eine marode Festung der Grafen zu Katzenelnbogen und die Beschneidung jüdischer Kleinkinder ähnlich.

Weiterlesen

Pimp Your Bishop

Zugegeben: es gibt Menschen, die haben eine bessere Presse als der derzeitige Bischof des Bistums Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst. Es kommt gerade ja auch eine ganze Menge Unrat, über den seit Anfang 2008 in der mittelhessischen Residenz hofhaltenden Hochwürdigen Herrn (ausnahmsweise keine Satire: so lautet die korrekte Anrede für einen römisch-katholischen Bischof).

 

Diese vier Jahre haben locker ausgereicht, ein Bistum, zu dem in heftigem Gegensatz zu dem beschaulichen Limburg auch die Metropole Frankfurt a.M. und die Landeshauptstadt Wiesbaden gehören, in hellen Aufruhr zu versetzen, der bundesweites Echo erzeugt.

 

 

Ein kurzer Rückblick: Vorgänger des aktuellen Bischofs war der sozialreformerisch orientierte Franz Kamphaus, der seine Termine mit einem selbstgesteuerten betagten VW Golf anfuhr. Mit solcher Bescheidenheit haben Exzellenz (ja, auch das ist offizielle Anredeform) gründlich aufgeräumt. Think Big, heißt es jetzt im bischöflichen Ordinariat, und man lässt sich beim Upgraden nicht lumpen.

Weiterlesen

Sabine Paul und der gute Ton

Dass Sabine Paul, Erfinderin des PaläoPower-Programms sowie Mitglied des Beirats der Giordano-Bruno-Stiftung, und Psiram keine Freunde mehr werden, kann man nach den vor und hinter den Kulissen ausgetragenen Debatten der letzten Monate als gesichert betrachten. Dass es bei mehr oder weniger heftigen Rempeleien auch einmal rustikal zugeht, mag auch noch angehen. Was aber gewiss nicht angeht, ist, wie Frau Paul bei ihren Vortragsveranstaltungen neuerdings gegen Psiram vom Leder zieht.

Weiterlesen

Der Preis des bewussten Lebens (11) – Bettinas Schrottverwertung

Nach einer kleinen schöpferischen Pause nun zur elften Folge unserer Serie. Und hier wird es wahlweise über- oder unterirdisch.   Es geht nämlich um Lichtkanalwerkzeuge, vertrieben von Bettina Fischer  aus Lindwedel vor den Toren von Hannover.     Bettina ist gewissermaßen Kanalarbeiterin:    „Ich bin lediglich Kanal dafür, daß diese Energien hier auf die Erde kommen. Ich bin … Weiterlesen

css.php