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Artikel Tagged ‘Atheismus’

Podcasts für Ungläubige

30. Juli 2018 5 Kommentare

Bereits im vergangenen Jahr wurden hier einige Podcasts vorgestellt, die sich mit wissenschaftlich-kritischem Denken befassen. Nun haben wir uns Podcasts angehört, die sich kritisch mit Religion und Glauben auseinandersetzen. Das Angebot an Sendungen für Ungläubige ist vielfältig und nimmt sich des Themas aus ganz unterschiedlichen Richtungen an:

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Die Atheistische Kirche von London

17. Februar 2013 9 Kommentare

Es mag merkwürdig klingen, aber London hat mittlerweile tatsächlich eine atheistische Kirche. The Sunday Assembly (Die Sonntags-Versammlung) wurde von den Schauspielern und Komödianten Sanderson Jones und Pippa Evans gegründet und hat sich am Sonntag, den 6. Jänner 2013, zum ersten Mal getroffen.

Die Idee dahinter war laut den Initiatoren, die guten Dinge der Religionsausübung zu genießen, wie zum Beispiel das Gefühl der Gemeinschaft. Der Mensch ist ein soziales Wesen und hat das Bedürfnis, sich mit anderen Menschen zu treffen und gemeinsam etwas zu unternehmen.

Im Prinzip ist dazu zwar (unserer Meinung nach) nicht mehr als ein Kegelklub nötig, aber nicht jeder kegelt gerne und warum sollte das gemeinsame Band nicht die atheistische Grundeinstellung sein? Mehr…

Ägyptischer Atheist zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt

15. Dezember 2012 6 Kommentare

Alber_SaberGerade erst haben wir über den Bericht „Freedom of Thought“ geschrieben, der sich mit religiöser Verfolgung befasst. Und quasi gleichzeitig wurde der 25-jährige ägyptische Blogger Alber Saber Ayad (ألبير صابر عياد) zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Der junge Mann war/ist Betreiber einer ägyptischen Facebookseite für Atheisten. Am 12. September, kurz nachdem das „Innocence of Muslims“ Video verbreitet worden war, wurde sein Haus (in dem er mit Mutter und Schwester lebt) von eine Menge umzingelt, die ihn beschuldigte, ein Häretiker und Atheist zu sein.

Seine Mutter rief zum Schutz die Polizei. Diese erschien auch – am nächsten Tag. Und statt den Mob zu zerstreuen, verhaftete sie Alber Saber. Er wurde der „Diffamierung des Islam und des Christentums, Beleidigung des Göttlichen und der Verächtlichmachung religiöser Rituale und Heiliger sowie des Propheten“ beschuldigt, was mit bis zu 6 Jahren Gefängnis geahndet werden kann. Mehr…

Verfolgung des Unglaubens

13. Dezember 2012 3 Kommentare

Die Freiheit der Gedanken, der eigenen Meinung und die Möglichkeit, diese Gedanken und Meinung frei äußern zu können, sind ein hohes Gut. Ein Gut, über das man sich oft genug ärgern muss, wenn wieder irgendwo im Internet jemand kompletten Schwachfug behauptet (wir weisen hier im Blog oft genug darauf hin) – aber ein Gut, das wir vielleicht oft nicht hoch genug schätzen.*

Zu dieser Freiheit der Gedanken zählt im Speziellen auch die Haltung zur Existenz eines oder mehrerer Götter bzw. welche davon die echten sind. Genau wie die Frage, welche Farbe man am liebsten mag oder ob man lieber Frucade oder Eierlikör möchte, ist es eine Frage, die man nur für sich selbst beantworten kann. Mehr…

Kardinal fatal

3. November 2009 25 Kommentare

Wie sieht das Anforderungsprofil für einen Kardinal aus? Männlich? Klar! Katholisch? Sowieso! Theologie sollte man auch studiert haben und Priester geworden sein. Von Frauen muss oder sollte man sich ferngehalten haben, denn die könnten ja die Gedanken auf irdische Dinge lenken und sind ja überhaupt Trägerinnen der Erbsünde in besonderem Maße. Man sollte auch keine unüberwindliche Scheu haben, Kleidchen, Mützchen und Kettchen zu tragen, weil so etwas zur Amtstracht gehört. Kenntnisse von Geschichte und Naturwissenschaften gehören dagegen nicht zum Profil, sie sind eher hinderlich, ebenso wie Menschenfreundlichkeit, nicht nur gespielte Demut und Einfühlungsvermögen.

Joachim Paul Kardinal Meisner hat in seiner Predigt zu Allerheiligen am 01.11.2009 nach dem Manuskript, das dem Spiegel vorlag, u.a. Folgendes gesagt:

Ähnlich wie einst die Nationalsozialisten im einzelnen Menschen primär nur den Träger des Erbgutes seiner Rasse sahen, definiert auch der Vorreiter der neuen Gottlosen, der Engländer Richard Dawkins, den Menschen als ‚Verpackung der allein wichtigen Gene‘

und

der vom Menschen selbst geschaffene Mensch trete nicht mehr als ein Geschenk des Schöpfers in die Welt, sondern als ein Produkt unseres Machens, das nach selbst gewählten Bedürfnissen selektiert werden könne. Über diesem Menschen leuchtet nicht mehr der Glanz der Gottesebenbildlichkeit, der ihm seine Würde und Unantastbarkeit gebe, sondern nur noch die Macht des menschlichen Könnens.

sowie

Das System des Nationalsozialismus und des Kommunismus im vergangenen Jahrhundert hat uns gezeigt, wohin das führt: Nicht zu mehr Glück und Freiheit des Menschen, sondern an den Rand des Abgrunds, in letzter Konsequenz zur Abschaffung des Menschen. Dafür stehen die KZ’s und Gulags.

Meisner vergleicht demnach ein weiteres Mal den „Gottlosen“ mit dem Nazi und dem Kommunisten. Natürlich vergisst er, dass sich die katholische Kirche viele Jahrhunderte lang selber nicht als Wohltäter an der Menschheit gezeigt hat. Ein Mehr an „Glück und Freiheit“ war ihr auch nicht zu verdanken, im Gegenteil. Genau der Ansatz, dass sich ein Mensch über einen anderen Menschen erhebt, hat nicht nur zu Konzentrationslagern und Gulags geführt, sondern auch zu Hexenverbrennungen und anderen systematischen Gräueltaten. Die katholische Kirche rettet heute dabei nur die Gnade der frühen Geburt. Und die Aufklärung, die bis heute aber auf erbitterten Widerstand solcher Leute wie Meisner trifft. Meisner ist nicht, wie es einem „guten Hirten“ im Grunde anstände, am Seelenheil des „Gottlosen“ gelegen oder er fühlt schon dessen Schmerz vor, wenn er dereinst nach seiner Lehre im Höllenfeuer schmurgelt. Nein, Meisner kann dem „Gottlosen“ nicht verzeihen, dass er, Joachim Paul Kardinal Meisner für den „Gottlosen“ nur der Herr Meisner ist und nicht von Gott auserwählt, eine Stufe unter der göttlich gewollten Unfehlbarkeit zu agieren. Er sieht ihn auch nicht als Geschenk Gottes, sondern bestenfalls als eine Prüfung seiner Geduld und Nachsicht. Meisner kann dem „Gottlosen“ nicht verzeihen, dass er, Meisner, keine Macht über ihn hat. Das geht bei einem so aufgeblasenen Größenselbst nicht. Das verletzt die Eitelkeit. Deswegen träumt Meisner auch von einer katholisch geprägten Gesellschaft mit einer starken Volksfrömmigkeit. Da galt der Priester noch etwas schon von Amts wegen und der Kardinal war als potentieller Aspirant auf den Papst-Thron ja irgendwie schon auf der Ebene 3 der gefühlten Glaubenshierarchie.

Die Perfidie und die Schwäche in Meisners Argumentation, die für jemanden, der angeblich mal Philosophie studiert hat, exorbitant ist, wurzelt darin, dass die Erkenntnis, den Menschen als Summe seiner Erbanlagen zu sehen (und noch ein wenig mehr) eben nicht in eine Abwertung bestimmter Menschen mündet. Dawkins sagt eben nicht, diese oder jene Ausstattung sei besser im soziologischen Sinne als eine andere, sondern nur, dass es bessere und schlechtere Anpassungen gibt im Hinblick auf die Umwelt.

Vielleicht ist Meisner die Schwäche seiner Argumentation aber auch bewusst und er transponiert die Angstmacherei seiner Vorgänger vor hunderten Jahren nur in die Gegenwart. Dante liest heute kaum noch jemand, während die NS-Zeit im Schulunterricht behandelt wird. Fürchten sich Menschen (gut, jetzt mal nicht die niederbayerische Bäuerin, die auch noch Dämonen fürchtet) heute noch vor dem Teufel? Nur etwa jeder Vierte glaubt noch an ihn. Fürchten sich Menschen vor einem Strafgericht Gottes? Nur 30% sind nach der gleichen Umfrage bemüht, ein „gottgefälliges Leben“ zu führen, während 47% glauben, mit dem Tod ende alles für sie persönlich. Und wie sieht es auf der Habenseite aus? Bei den meisten stehen sehr irdische Güter eher auf der Wunschliste als die Möglichkeit des ewigen Hallelujas.

Da meint der selbstnannte Marketingexperte in Sachen Gottes schon andere Ängste bemühen zu müssen. Und so kommt es, dass der freundliche Richard Dawkins in den zweifelhaften Ruf gestellt wird, nicht der Gesandte des Teufels zu sein, sondern der leibhaftige Vorbote von KZs und Gulags. Amen.

Meisner sollte in Rente gehen. Am besten spätestens zum 31.10.2009.

Leider gibt es so etwas bei Kardinälen nicht. Die haben für ihre unverbesserlichen, volksverhetzenden und bösartigen Sprüche auch noch Publikum und öffentliche Aufmerksamkeit, bis sie von selber von der Kanzel fallen.

Turan Dursun

4. September 2009 3 Kommentare

Heute vor 19 Jahren wurde in Istanbul Turan Dursun ermordet. Wir möchten den heutigen Tag daher nutzen, auf diesen in Deutschland kaum bekannten Märtyrer von Meinungs- und Religionsfreiheit aufmerksam zu machen.

Biographie

Turan Dursun (1934 – 4. September 1990) war ursprünglich ein islamischer Gelehrter als Imam und später als Mufti in der Türkei, ehe er während seiner Studien der monotheistischen Religionen zum Atheisten wurde. Dursun schrieb mehrere Bücher über Religion, die Originalzitate in Arabisch und ihre Übersetzungen und Bedeutungen in Türkisch enthielten. Er war ein ausgesprochener Religionskritiker und wurde häufig von Fundamentalisten bedroht.
Schließlich wurde er vor seiner Wohnung in Istanbul ermordet. Seine Schriften und seine Bibliothek wurden zerstört und ein Islamisches Buch, das Dursun nicht gehörte, wurde auf seinem Bett hinterlassen.

Lebensgeschichte

Dursun wurde in eine religiöse Familie im Şarkışla-Distrikt der Provinz Sivas (eine Stadt in der Osttürkei) geboren. Als eines von acht Kindern erlebte Dursun seine Kindheit ab dem fünften Lebensjahr im Distrikt Tutak der Ağrı-Provinz, als sein Vater beschloss, die Familie dorthin überzusiedeln um den Besitz seines eigenen Vaters zu übernehmen. Turans Vater arbeitete dort als Imam um seine Familie zu unterstützen.
Schon bevor Turan geboren wurde, entschied sein Vater dass er ein „großer religiöser Mann, wie man ihn in Basra oder Al-Kufe noch nie gesehen hat“ werden würde. Deswegen sollte er in islamischen Glaubensschulen studieren, Korankurse belegen und Privatuntericht durch berühmte Lehrer erhalten, wie Sheik Ramazan, Mollah Nadir, Mollah Zahid, Çerkez Hodja und Tahir Efendi, wobei er viele türkische Städte und Dörfer bereiste. Die meisten Privatstunden die er erhielt waren kostenlos.
Dursun bewies einen enorme Willenstärke und Fähigkeit bei seinen Islamstudien, wie man sie bei islamischen geistlichen nicht immer findet. Als er 19 war sprach er fließend kurdisch, tscherkessisch und arabisch, zudem war er ein Ulema (islamischer Gelehrter), ein Gelehrter der Hadith (der islamischen Überlieferung), ein östlicher Ethnologe und ein religiöser Ethnologe. Er betrieb auch ein Studium der Anthropologie.

Die Jahre als Mufti

Nachdem er die entsprechenden Prüfungen bestanden hatte um ein Mufti (islamischer Rechtsgelehrter) zu werden, konnte er diesen Status trotzdem nicht erreichen, da er keinen Schulabschluss hatte. Dursun musste die Schulprüfungen ohne Schulbesuch absolvieren, und tat dies in großer Schnelligkeit. So wurde er 1958 zum Mufti.
In Sivas begann Dursun sich als Mufti der etwas anderen Art zu betätigen. Seine Position ausnützend begann er mit einer Vielzahl von Projekten um das Gebiet und seine Imame weiterzuentwickeln

  • Er organisierte 50 Baumanpflanzungen in verschiedenen Dörfern um Sivas
  • Er erzwang erfolgreich die Umwidmung eines Mufti-Quartiers in ein Krankenhaus
  • Er sammelte Weizen in den Dörfern zur Unterstützung des Krankenhausprojektes
  • Er legte Wert auf die nicht-religiöse Bildung der Imame, durch Kino und Besuch von Konferenzen
  • Er ermöglichte die Ausgabe von Schuldiplomen an Imame durch das Bildungsministerium
  • Er stimmte zu, dass die Imame Mustafa Kemal Atatürk die Ehre erweisen (als erster islamischer Geistlicher) im Gegenzug für Essenspakete des Militärs während einer Reise zu einer Konferenz
  • Er übte Druck auf den Bürgermeister von Sivas aus, sich um die erschöpfte Wasserversorgung zu kümmern

Dursun machte sich viele Freunde und Feinde in Sivas und wurde mehrfach bedroht. Er wurde nach Sinop ins Exil geschickt, in eine, wie er es nannte „heruntergekommene Hütte“. Unterstützung erhielt er von einem Ali Şarapçı, einem Lehrer der gequält und fälschlich als Kommunist bezeichnet wurde, wie Dursun auch.
1966 endete seine Muftikarriere.

Erste atheistische Gedanken

In einem Interview mit Şule Perinçek erinnert sich Dursun an eine der ersten Gelegenheiten wo ihm Zweifel an der Existenz Gottes kamen. Mit elf Jahren verliebte er sich in ein Mädchen namens Safi, deren ältere Schwester Sabo behindert war. Sabo tat Dursun leid, und eines Tages erschien ihm im Traum Gott. Nachdem er ihn schwören lies, dass er nicht zornig werden würde, fragte Dursun Gott warum er die Erde geschaffen hätte, wenn er doch auch den Himmel geschaffen hätte und warum Sabo behindert und Safi wunderschön währe.
In dem gleichen Interview sagt Dursun, dass er immer „kritisch und rebellisch gegen das Konzept eines Gottes“ war, aber der Übergang zum Atheismus entwickelte sich langsam. Dursun entdeckte was er „Mohammeds Überlieferungen“ nannte, als er von den heiligen Büchern erfuhr, die vor dem Koran existierten. Er sagt: „Ich hatte schon vorher Kenntnis des Judentums und des Christentums, aber nur durch islamische Interpretationen. Ich kannte ihre eigenen Quellen nicht. Ich lernte Sie erst ab 1960 kennen.
Dursun begann das Christentum zu erforschen, als geplant wurde, ihn dem Papst als intelektuellen Mufti vorzustellen. Um sich auf dieses Treffen vorzubereiten und um „mit ihm [dem Papst] mit mehr Stärke reden zu können“, studierte Dursun das Christentum aber bemerkte „sofort“ den „Schwindel“, als er sein umfangreiches Wissen des Islam mit christlichen Informationen verglich.
Nachdem er zu negativen Schlussfolgerungen über Religion gekommen war, wurde Dursun „wütend“ dass Mohammed ihm wertvolle Jahre seiner Kindheit und Jugend genommen hatte. Er sagte: „So viele Menschen können ihre Kindheit wegen ihm nicht ausleben. So viele Menschen leiden unter seinen Desastern. So viele Menschen kennen Gut als Böse und Böse als Gut weil Sie denken, die Dunkelheit die er gewählt hat existiert wirklich. Menschliche Gefühle und menschliche Schöpfung haben wegen ihm in vielerlei Hinsicht keinen Fortschritt gemacht.
Dursun war eine zeitlang Theist, ehe er zum Atheisten wurde. Zuerst machte er sich klar „wenn es einen Gott gibt, dann nicht den Mohammeds“. Er begann verschiedene Experimente, um herauszufinden ob Gott wirklich existiert während seines geistigen Kampfes mit ihm. Er studierte Evolution und Anthropologie. Er sagt, seine theistische Phase dauerte „zwei oder drei Jahre“.

Leben als Produzent und Schriftsteller

Nach seiner Entlassung als Mufti, versucht Dursun sich in Istanbul seinen Lebensunterhalt zu verdienen und muss sogar als Müllmann arbeiten. Die Entscheidung, als Mufti aufzuhören war hart, aber Dursun sagte, er hatte das Prinzip „niemals einen Widerspruch zuzulassen zwischen meinem Denken und meinem Handeln“.
Durch einige Freunde, die er sich als gebildeter Mufti gemacht hatte, schaffte er es bei der türkischen Radio und Fernsehanstalt (TRT) unterzukommen, wo er zuerst in der Verwaltung beschäftigt war, ehe er nach einer bestandenen Prüfung auch mit der Produktion in Berührung kam.
Unter anderem hat er „Die Türken in der Geschichte“, „Der Ursprung der Menschheit“ und „Gegen Abend“ (inoffizielle Titelübersetzungen) produziert. Es gibt auch eine Produktion, die nie gesendet werden durfte, „Vor und Nach der ersten großen Nationalversammlung“. Dursun verließ den TRT 1982, nach 16 Jahren Dienst.
Im Jahr 1987 lernte Dursun Doğu Perinçek kennen, einen selbst ernannten sozialistischen Politiker mit stark nationalistischen Untertönen, der das Magazin „2000’e Doğru“ (Auf nach 2000) herausgab. Dursun schrieb für das Magazin eine Kolumne „Din Bilgisi“ (Kenntnis der Religion). Er schrieb auch für andere Publikationen wie Saçak, Teori und Yüzyıl. In den 80gern schrieb er zahllose Bücher, unter anderem seine türkische Übersetzung von Ibn Khalduns Muqqadimah, das sein umfangreiches Wissen über den Islam und die Sprachen des Nahen Ostens zusammenfasste. Diese bereitete den Weg für interne Kritik durch die Massenmedien, vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte des Islam.

Bücher

  • Enzyklopädie des Islam (14 Bände) (Kur’an Ansiklopedisi)
  • Die Quellen der heiligen Bücher (3 Bände) (Kutsal Kitapların Kaynakları)
  • Das ist Religion (4 Bände) (Din Bu)
  • Kulleteyn (Autobiographie seiner Kindheit)
  • Das ist Sharia (Şeriat Böyle)
  • Allah
  • Koran
  • Islam und die Nur Sekte (Müslumanlık ve Nurculuk)
  • Briefe an İlhan Arsel (İlhan Arsel’e Mektuplar)
  • Briefe an die Berühmten (Ünlülere Mektuplar)

Web

(Dieser Beitrag basiert auf dem englischen Wikipediaeintrag http://en.wikipedia.org/wiki/Turan_Dursun

Mixas Welt

12. April 2009 16 Kommentare

Manchmal fühlt man sich ja an Motive aus der Literatur erinnert.

Da kommt einer her und beklagt, dass das böse Nichts sein Phantasien bedroht. Der wirkliche Gegner ist noch nicht mal der, der ein anderes Phantasien hat, sondern der, der statt Phantasie und Wunschdenken lieber nüchterne Fakten hat, der, der sagt: alle Phantasien sind gleich, weil alle Menschen gleich sind, lasst uns lieber über Fakten reden und über das, was dem Menschen gemäß ist, diskutieren anstatt alte Texte zu konsultieren.

Nun ist der, um den es heute geht, weder so nett noch so naiv wie die kindliche Kaiserin. Es ist jemand, der aus dem Umstand, dass jemand seine Phantasien nicht teilt, auch noch pauschal allerlei Böses ableitet. Der, um den es heute geht, ist der bekannte katholische Bischof Walter Mixa von Augsburg. Nach einigen früheren Verbalausfällen, die die Presse schon kommentiert hat, erdreistet sich der Herr Mixa gestern in seiner Osterpredigt, Atheismus als Urgrund von Unmenschlichkeit auszumachen und als eigentlichen gemeinsamen Nenner nationalsozialistischer und stalinistischer Verbrechen zu benennen. Über diese aktuellen aggressiven Verbalattacken wurde im Spiegel berichtet:

OSTERPREDIGT
Bischof Mixa sieht Massenmord als Folge des Atheismus

Nun, Herrn Mixa könnte man sagen, dass er lieber doch erst mal die Verbrechen aufarbeiten und sich zu ihnen positionieren soll, die die Kirche begangen hat. Ist doch schließlich die Unrechtsgeschichte der katholischen Kirche kaum weniger schlimm als stalinistische und nationalsozialistische Verbrechen und war ähnlich systematisch, man erinnere sich nur an die stark instutionalisierte Inquisition. Schließlich ist er Vertreter nicht mal einer Nachfolge- sondern der originalen Institution. Über etliche Jahrhunderte in vielen Ländern kommt da ordentlich was zusammen. Aber das will der Herr Mixa dann wohl doch nicht, der Balken im Auge des vermeintlichen Gegenübers ist ja viel interessanter als der eigene. Anscheinend waren die Kirchenmorde moralisch höher stehend als andere Morde. Ein klarer Fall von einem Zweck, der wohl nach Herrn Mixas Meinung die Mittel heiligte, und genau an diesem Punkt ist der Herr Mixa stellvertretend trotz des heutigen gemäßigteren Auftretens seiner Organisation sicher näher an irgendwelchen Untaten als irgendein Atheist, der weder Nazi noch Stalinist ist. Denn – wenn man sich nicht verlesen hat – die Kirche hat sich bis heute allenfalls von kleineren Fehlern, aber nicht von größeren Ansätzen, die zu unendlichen Opfern an Menschenleben und viel Leid führten, ausreichend distanziert.

Nein, der Herr Mixa beklagt den bösen Unglauben an sich und meint, dass nur eine gläubige Gesellschaft eine wahrhaft menschliche sein könne. Dazu ist nur zu sagen: die Kirche hatte ihre Chance. Jahrhundert um Jahrhundert um Jahrhundert. Und sie hat grausam versagt. Sie hat den Menschen, wo sie uneingeschränkte Macht hatte, nicht nur bei Unbotmäßigkeit wahrhaftig nicht den Himmel, sondern die Hölle auf Erden bereitet. Denn so glaubensstreng man sich gibt, wollte man das Urteil doch nicht Gott überlassen, sondern hat sich selber lieber zum Götzen aufgeschwungen, hat Macht gewollt und sie mißbraucht, hat sich zum Herrn über Leben und Tod gemacht, eine Herrschaft über Scheiterhaufen, Religionskriege aber auch Privatleben. Fast möchte man meinen, dass der Herr Mixa diesen „guten alten Zeiten“ kaum beschränkter Macht hinterher trauert, war doch die Auslegung dessen, was in der Gesellschaft als gut und böse anzusehen sei, fast nur von der eigenen machthungrigen Gruppierung bestimmt. Man sah sich als ethische Instanz, als die einzige wirkliche und mögliche ethische Instanz.

Doch der Herr Mixa ist völlig geschichtsvergessen: erst mit der Aufklärung, also der (Weiter-)Entwicklung ethischer Prinzipien ohne oder weniger abhängig von kirchlichen Glaubensinhalten, wurde der Einfluß der Kirche geringer und man kann nicht dankbar genug dafür sein. Das wurde der Kirche Stück für Stück abgerungen. Denn wer sich auf ein altes Buch und seine Auslegung als letzte Instanz beruft, ist rückwärtsgewandt, mit allen grauslichen Folgen des moralischen Stillstands. „Equalité, Fraternité, Liberté!“ stehen nicht in der Bibel. Gleich ist da nur, wer auch glaubt, brüderlich ist man zumindest in der Kirche eher auch nur zum Glaubensbruder (zumindest vermisst man bei Herrn Mixa die christliche Nächstenliebe bei seinen bösen Unterstellungen) und Freiheit – ja, die ist natürlich ganz schlimm. Da könnte ja jeder herkommen und nicht des Herrn Mixas Phantasiewelt teilen. Da könnte ja jeder herkommen und forschen. Da könnte ja jeder herkommen und fragen, warum die Kirche ihre Pfründe nicht ausschließlich für die Armen, sondern auch für Prunk und Protz, Gold und Gewänder, Macht und Meinungsmache aufwendet.

Denn – man sollte sich da nichts vormachen – die katholische Kirche sitzt als angeblich und traditionell zu hörende Institution in vielen Gremien, in denen Dinge entschieden werden, die das Gemeinwesen oder die öffentliche Meinung betreffen. Die Kirche entsendet Vertreter in Ethik-Kommissionen und Rundfunkräte, um nur zwei Beispiele zu nennen. Folgte man der Logik von Herrn Mixa, müßte man die Kirche sofort auffordern, ihre Vertreter zurückzuziehen. Denn die Kirche hat als Institution bewiesen, dass sie keine neuen Ideen fördert, sondern nur ihre eigenen heute antiquierten perpetuiert und ansonsten darauf achtet, Macht nicht kampflos abzugeben.

Insofern ist die Angst des Herrn Mixa vor dem Nichts die Angst davor, dass die Institution, der er eine biologische Lebenserfüllung geopfert hat, an Macht verliert, dass sein persönliches Opfer auf lange Sicht umsonst war.

Eigentlich kann er einem fast leid tun in seinem Haß auf das Nichts.

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