Esoterikzwang an der Bonner Universität – Umfrage: Wie ist es bei Euch?

Mit freundlicher Genehmigung von Cornelius Courts von den Science-Blogs bloggen wir noch einmal den Bericht über Esoterische Ausbildungsinhalte an der Uni Bonn.
Bitte schickt uns Rückmeldungen darüber, was Ihr an esoterischen Inhalten an Euren Unis lernen musstet und in Prüfungen gefragt wurdet.

Im Rahmen meiner Tätigkeit in Forschung und Lehre am Institut für Rechtsmedizin begegne ich auch zahlreichen Medizin-Studierenden, die in unserem Haus arbeiten, lernen, famulieren, praktizieren etc. Als ich kürzlich ein Gespräch mit einer dieser Personen führte, erzählte sie mir mißmutig, daß sie sich gerade auf eine ihrer letzten Klausuren vorbereite. Ich fragte sie, was sie denn zu lernen habe und sie zeigte mir die Folien aus einer Vorlesung zum „Querschnittsbereich (QB) Rehabilitation, Physikalische Medizin und Naturheilverfahren“. Was ich da sah und las, verschlug mir für einen Augenblick die Sprache.

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Henning Kullak-Ublick, der ‘Bund der Freien Waldorfschulen’, und die Glaubwürdigkeit

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Die von GWUP-Mitglied André Sebastiani initiierte Petition „Gegen die geplante staatliche Waldorfschule in Hamburg“ macht weiter Schlagzeilen. Es berichtete auch der Deutschlandfunk. Und Henning Kullak-Ublick, Vorstand des „Bundes der Freien Waldorfschulen“, hält urplötzlich eine „Waldorf-Schule light“ für möglich, nachdem diese zuvor von Waldorf-Seite entschieden abgelehnt worden war: ist Kullak-Ublick glaubwürdig?
Gastbeitrag von Andreas Lichte mit freundlicher Genehmigung der Ruhrbarone.

Als Kommunikationschef des „Bundes der Freien Waldorfschulen“ scheint Kullak-Ublick dem selbsternannten Hellseher Rudolf Steiner, Begründer der Waldorfpädagogik und der esoterischen Weltanschauung Anthroposophie, nacheifern zu wollen. Rudolf Steiner sagt:

„Das müssen wir uns immer wiederum vor die Seele stellen, dass wir nicht aus Urkunden schöpfen, sondern dass wir schöpfen aus der geistigen Forschung selbst und dass wir dasjenige, was aus der Geistesforschung geschöpft wird, in den Urkunden wieder aufsuchen … Was heute erforscht

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Wetten, dass wir nur noch Genfood essen werden

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Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Beda M. Stadler. Er ist Direktor des Instituts für Immunologie der Universität Bern. Der Beitrag erschien zuerst bei NZZ-Folio.

 

Die spanischen Eroberer mussten 1537 nicht schlecht gestaunt haben, als die einheimische Bevölkerung grausige Knollen aus dem Boden gruben um diese zu verzehren. Allerdings wurde in Sorocaba, einem Dörfchen in den Anden, bloss etwas entdeckt, was gar nicht zu entdecken war, schliesslich hatten die Inkas bereits 200 vor unserer Zeitrechnung die Kartoffel entdeckt. Eine Pflanze mit dermassen viel Kohlenhydraten, dazu leicht anzubauen, müsste einen Siegeszug vor sich gehabt haben. Weit gefehlt! Es vergingen 200 Jahre, bis sich die Skepsis gegenüber diesem Novel Food verflüchtigte. Wetten: bei Genfood wird es rascher gehen.

Kartoffeln seien giftig oder des Teufels, hiess es damals. Eine ähnliche Argumentation, die wir heute von NGO’s kennen. Greenpeace glaubt auch, Genfood sei giftig. Dabei war die Skepsis unserer Vorfahren sogar berechtigt, schliesslich haben damals einige Menschen anstelle der Knollen die giftigen Früchte gegessen. Selbst heute kann man an Dummheit sterben, falls man Unmengen von rohen Kartoffelschalen isst. Damals behauptete man auch, Kartoffeln würden Lepra oder Syphilis hervorrufen. Heute glaubt jeder, Genfood enthalte unabsehbare Risiken. Das ist gefährlicher als jene Krankheiten, die man dank Gentechnik behandeln kann. Noch taucht alle paar Monate eine miserable Studie auf mit der gezeigt wird, dass Marienkäfer oder Ratten wegen Genfood krank werden. Nichts davon hat je Bestand gehabt und wurde jeweils innerhalb einer Woche von der Wissenschaft widerlegt. Die Panikarbeiten werden aber jeweils zur Lieblingsliteratur für alle, die unser Essen lieber zu Medikamenten statt zu Nahrungsmitteln machen möchten. Schade, dass man das einstige Argument, die Kartoffel sei ein Aphrodisiakum, heute nicht mehr gebraucht, Genfood wäre ein Renner.

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Das Elend der Volkshochschulen (5) Bitte bequeme Kleidung, warme Socken, ein Kissen und eine Decke mitbringen – den kritischen Verstand dürfen Sie zu Hause lassen.

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Die warme Socke – Wahrzeichen der VHS?

 

In den vier vorangegangenen Folgen sind Wege aufgedeckt worden, auf denen irrationale Gedankenwelten in die Programme der Volkshochschulen einsickern; nicht etwa vereinzelt, sondern flächendeckend. Anscheinend muss man davon ausgehen, dass bundesweit keine VHS existiert, der es gelingt, sich gegen die Vereinnahmung durch unnütze bis gefährliche Heilslehren zuverlässig zu schützen. Hinweise auf Gegenbeispiele werden gerne entgegen genommen – nur wo sind sie?

Es ist vermutlich illusorisch, von den VHS zu erwarten, dass sie sich an die Spitze einer Aufklärungskampagne gegen Homöopathie setzen. Vermutlich ist es sogar zu viel verlangt, Kursangebote in dieser Richtung auch nur zu vermeiden – wenn gleichzeitig eine öffentliche Universität sich ein „Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften“ leistet. Sehr wohl aber könnte erwartet werden, dass zumindest der haarsträubendste Unfug nicht auf dem Umweg über einen VHS-Kurs den Ritterschlag öffentlicher Beglaubigung erhält. Dabei reichen in den meisten Fällen wenige Minuten der Überprüfung, mit wem und womit man es bei den Kandidaten für eine Dozententätigkeit zu tun hat. Wenige Mausklicks reichen aus, um vorgewarnt zu sein, dass ansonsten beispielsweise

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Greenpeace und die Angst vor Gentechik

Typisches Propagandabild von Greenpeace
Typisches Propagandabild

Wenn man sich die Seiten von Greenpeace ansieht, kommt man nicht umhin zu bemerken, dass Greenpeace eine faire und objektive Debatte zur Gentechnik gar nicht erst führen möchte. Bilder wie dieses erinnern an das Monster, das kleine Kinder unter dem Bett vermuten und nach ihrer Mami rufen.

Höchst subjektiv und einschüchternd, am besten gleich mal an unterbewusste Ängste appellieren, bevor der Leser durch Fakten vielleicht noch verwirrt wird. Vor etwas, das man nicht kennt, hat man naturgemäß Angst. Zu viel über Gene zu wissen, ist daher natürlich schlecht; kennt man etwas, verliert man die Angst. Dieses Problem hat Greenpeace in Deutschland aber nicht so; in einer Umfrage 1999 wussten nur 44 36 Prozent der Deutschen, dass auch normale Tomaten Gene enthalten. Wäre interessant, die Frage heute noch einmal zu stellen, ob sich das gebessert hat.

Jedenfalls, aus Sicht der Gentechnikgegner soll sich das bloß nicht ändern. Bei der Konservierung dieses Ist-Zustandes der Unwissenheit sind natürlich Forschungsfelder und Universitäten besonders hinderlich.

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Das Elend der Volkshochschulen (4) Im Dienste seltsamer Hierarchien

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Stellen Sie sich vor, da behauptet jemand, er könne durch einfaches Handauflegen universale und grenzenlose Heilenergien strömen lassen; Krankheiten und Verletzungen lassen sich damit kurieren, Giftstoffe verlassen den Leib, körpereigene Heilkräfte leben auf. Zimmerpflanzen wachsen davon besser und selbst Hund und Katz gedeihen nochmal so gut, Speisen und Getränke werden davon auch noch gesünder. Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt: ein einschlägiges Hand(-auflege-)buch verzeichnet nicht weniger als 385 Störungen, von Allergien und Asthma über Haarausfall, Herpes und Hühneraugen hin zu Tuberkulose, Tumoren und Typhus, die so behandelt werden können. Und das alles nicht nur hier und jetzt, sondern über die Grenzen von Zeit und Raum hinaus, also als Fernwirkung, in der Vergangenheit und in der Zukunft. Spooky, nicht? Da muss man schon ein hartgesottener Esoteriker sein, um daran zu glauben. Kein Gedanke, dass so etwas Eingang in das Bildungsangebot einer kommunalen Einrichtung wie der örtlichen VHS finden könnte! Oder doch?

Man lasse sich eben etwas einfallen, bezeichne das Ganze mit einem raunend-fernöstlichen Wort „Reiki“, und siehe da: man kann es landauf, landab erlernen und mit Hilfe der VHS sogar in dem dazu gehörenden Hierarchiesystem aufsteigen.

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Kreationisten, Die Grünen und der Kampf gegen Wissenschaft in den Schulen

Wie jedes Jahr versuchen Kreationisten in den USA wieder, ihr „Intelligent Design“ im Unterricht unterzubringen. Diesmal sind Indiana, Montana, Missouri, Oklahoma und Colorado dran. Das wird praktisch jedes Jahr in Angriff genommen, in Tennessee und Louisiana sind sie 2012 und 2008 leider schon damit durchgekommen. (Über Tennessee hatten wir schon vor einem Jahr berichtet, als noch schwache Hoffnung bestand; inzwischen ist das Gesetz in Kraft.)

Ganz wichtig ist den Kreationisten dabei zu betonen, dass sie nichts gegen Wissenschaft haben, ja sie sogar befürworten. Das kann man z.B. in Missouri schön sehen, wo sich der Abgeordnete, der das Gesetz eingebracht hat, selbst als „I’m a science enthusiast… I’m a huge science buff,…“ bezeichnet (Buff bedeutet „Fan“; der Begriff ist jedoch auf einer zur Wissenschaft recht unpassenden Sprachebene angesiedelt).

Diesen Widerspruch aufzulösen schafft er ganz leicht, indem er seine eigene Definition von Wissenschaft präsentiert:

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Erste deutsche staatliche Waldorfschule: Wirbt Christian Füller, taz, für die ‘Sekte’ Anthroposophie?

Hamburger Rathaus Foto „o“ wie Obacht Lizenz: CC

Regelmäßig erfreut die taz ihre anthroposophischen Leser mit der Beilage „taz THEMA Anthroposophie“. Nun wirbt Christian Füller in der taz-Rubrik „Zukunft – Bildung“ für ein höchst umstrittenes Schulprojekt, die erste „staatliche Waldorfschule“ Deutschlands, als „Zukunftsmodell für das Bildungswesen“. Wirbt Christian Füller damit für die, Zitat Prof. Hopmann, „Sekte“ Anthroposophie?
Gastbeitrag von Andreas Lichte mit freundlicher Genehmigung der Ruhrbarone.

Christian Füller beginnt seinen Artikel so: „Die Nachrichtenlage ist unübersichtlich, was die staatliche Waldorfschule in Hamburg anlangt. Ein Rudolf-Steiner-Hasser aus Bremen sammelt Unterschriften, um die Schule zu verhindern.“ Quellenangaben – z.B. einen einfachen link – hält Christian Füller offensichtlich nicht für nötig, um die „Nachrichtenlage“ zu verbessern, stattdessen versucht er es mit einer Unterstellung: „Rudolf-Steiner-Hasser aus Bremen …“.

Nein, André Sebastiani, Gastautor der Ruhrbarone, und Initiator der Petition „Gegen die geplante staatliche Waldorfschule in Hamburg“ ist kein „Steiner-Hasser“. Sebastiani interessiert sich als Lehrer einer öffentlichen Schule in Bremen für „Bildung“. Irgendwann stieß er auf das Thema „Waldorfschule“ und hat sich seitdem intensiv damit auseinandergesetzt, wie bei den Ruhrbaronen hier nachzulesen ist: Waldorfschule: Versteinerte Erziehung.

Für Sebastiani steht heute fest, dass es eine Waldorfschule ohne Anthroposophie nicht geben kann. Das ist eine Schlussfolgerung, die ich als ausgebildeter Waldorflehrer ausdrücklich bestätige: alles, was in der Waldorfschule passiert, basiert letztlich auf den Vorgaben Rudolf Steiners (1861–1925), Begründer der esoterischen Weltanschauung Anthroposophie. Über den anthroposophischen Hintergrund der Waldorfpädagogik informierte ich auch Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe in einem offenen Brief, Zitat:

„(…) Die Waldorfpädagogik übernimmt die in der Anthroposophie übliche Einteilung des Menschen in ‘Wesensglieder’. Diese ‘Wesensglieder’ entwickeln sich laut Rudolf Steiner in zeitlichen Abschnitten von 7 Jahren, den ‘Jahrsiebten’. Dazu sagt Prof. Dr. Stefan T. Hopmann, Bildungswissenschaftler an der Universität Wien, im Interview ‘Man kann nicht nur ein ‘bisschen’ Waldorf sein’, Zitat:

‘(…) Lichte: noch einmal zur Jahrsiebtelehre – von 0–7 Jahre wird der physische Leib entwickelt, von 8–14 Jahre der Ätherleib, von 15–21 Jahre der Astralleib, vom 21. Lebensjahr an endlich das »Ich« – erst dann ist der Mensch ein Mensch. Was sagen Sie zu Steiners Mensch aus dem Esoterik-Baukasten?

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Das Elend der Volkshochschulen – Die Ihr eintretet, lasst alle Vernunft fahren

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 „Die Ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren“

lautet in Dantes Divina Commedia die Inschrift über dem Tor zur Hölle.

Volkshochschulen in Deutschland verstehen sich als gemeinnützige Einrichtungen zur Erwachsenen- und Weiterbildung. Zu ihren Trägern gehören, neben einigen privaten Organisationen, hauptsächlich Kommunen und kommunale Zweckverbände; auch die Finanzierung erfolgt zu beträchtlichen Teilen aus öffentlichen Haushalten. Die Kursangebote der Volkshochschulen tragen damit in der öffentlichen Wahrnehmung quasi einen amtlichen Stempel. Von verantwortlicher Seite sollte daher eigentlich ein Auge darauf geworfen werden, dass auf diesem Ticket kein Unsinn unter das Volk gebracht wird.

Weit gefehlt.

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