WHO: TCM ins ICD – Traditionelle Chinesische Heilkunde, die lichte Zukunft der Medizin?

Die Weltgesundheitsorganisation hat einen neuen Entwurf der elften Version ihres Klassifikationssystems für medizinische Diagnosen (ICD) vorgestellt, die im nächsten Jahr verabschiedet werden soll. Vorgesehen ist eine neue Abteilung für „traditionelle medizinische Störungen“ (damit ist chinesische, japanische und koreanische „Naturheilkunde“ gemeint). Systematische Bestrebungen, Quacksalberei auf diese Weise hoffähig zu machen, gibt es schon seit längerem. Wir hatten die Geschichte dieser Bemühungen bereits angerissen und mit wenig Erfolg versucht, den Begriffswirrwar zu durchdringen (hier), dessen Zweck darin besteht, grundsätzliche Unterschiede zwischen „traditioneller“ und „westlicher“ Medizin zu verschleiern.

Die „Integration“ der Glaubensmedizin in die wissenschaftlich begründete Medizin erfordert eine gewisse gedankliche Flexibilität, ein Denken, das eingetretene Pfade verlässt. Ben Kavoussi von Science Based Medicine hatte das schon vor einiger Zeit mittels eines Foucault entlehnten Borges-Zitats illustriert [1]:

Dieser Text zitiert „eine gewisse chinesische Enzyklopädie“, in der es heißt, daß „die Tiere sich wie folgt gruppieren: a) Tiere, die dem Kaiser gehören, b) einbalsamierte Tiere, c) gezähmte, d) Milchschweine, e) Sirenen, f) Fabeltiere, g) herrenlose Hunde, h) in diese Gruppierung gehörige, i) die sich wie Tolle gebärden, k) die mit einem ganz feinen Pinsel aus Kamelhaar gezeichnet sind, 1) und so weiter, m) die den Wasserkrug zerbrochen haben, n) die von weitem wie Fliegen aussehen“.

Was bringt die WHO dazu, einen derartigen Bruch mit der Wissenschaft zu vollziehen? Die Generaldirektorin der WHO, Frau Dr. Margaret Chan, äußerte sich zu diesem Thema in einer Grundsatzrede anlässlich der „International Conference on the Modernization of Traditional Chinese Medicine“ am 23. Oktober 2016.

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Die WHO und die Paramed… äh, Traditionelle Medizin

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Seit langem bemüht sich die Weltgesundheitsorganisation um die „Integration“ der mit Ehrfurcht und Respekt behandelten anderen Medizin. Bereits in der Deklaration von Alma-Ata von 1978 habe die WHO „dazu aufgerufen, die traditionelle Medizin in die Grundversorgung einzubeziehen“ [vgl. hier], wenn auch zunächst nur in einem Halbsatz: auch traditionelle Heiler sollten wenn nötig im „health team“ mitarbeiten. Später aber verhinderte erst die hartnäckige Obstruktion durch engstirnige, konventionelle Mediziner, dass eine Würdigung der Homöopathie durch die WHO beschlossen werden konnte. Seine königliche Hoheit der Prince of Wales etc. etc. war 2006 eingeladen, seine Vorstellungen zur „integrativen Medizin“ der Weltgesundheitsversammlung zu unterbreiten, was von der arroganten Medizinerzeitschrift Lancet als Beispiel für eine irrationale Entscheidungsfindung der WHO bedauert worden war [1]. Die Deklaration von Beijing von 2008 stellte einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einer „integrativen Medizin“ dar.

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Tradition, Tradition … heute: Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)

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Kürzlich hat uns unser Agent Mark Twain einen Eindruck von den sanften, ganzheitlichen Heilmethoden der Traditionellen Westlichen Medizin verschafft. Da ist es nun an der Zeit, auch die uralte Weisheit der TCM ein wenig zu beleuchten. Wir entsenden dazu einen Missionar namens Dugald Christie, der in der ehemaligen mandschurischen Hauptstadt Mukden (heute Shenyang) Ende des 19. Jhd. ein Hospital aufbaut. Er berichtet über die dort übliche Diagnostik:

… Krankheit wird über den Puls diagnostiziert, von dem es ebenso fünf Arten gibt. Der linke zeigt den Zustand von Herz, Leber und Nieren an, der rechte den von Lunge und Magen sowie den des „Tors des Lebens“. Wenn ein Patient zum ersten Mal das Sprechzimmer betritt, erwartet er nicht, befragt zu werden.

Soviel zur ausführlichen Erhebung der Krankengeschichte in der Traditionellen Chinesischen Medizin.

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Pfarrer, TCM und Exorzisten

In Österreich ist wirklich der Wurm drin (also, der mit den 666 Beinen). Da sind einmal ein paar (d.h. so 300) Pfarrer, die den Aufstand proben und so schwachsinnige Dinge wie die Zulassung von Frauen und Verheirateten zum Priesteramt fordern. Wo kommen wir denn da hin? Das ist das Militär! äh, die Kirche. Gottseidank bleiben … Weiterlesen

Armer schwarzer Kater

Professor Wallach von der Frankfurter Europa-Universität Viadrina ist traurig, weil es einen „Haut-die-Homöopathie-und-alle-Spinner-in-die-Pfanne“-Zug in Deutschland gibt. Da hatten sich doch wirklich ein paar überregionale Zeitungen erdreistet etwas Wahres, jenseits des Ganzheitsgeschwurbels, über die neoschamanistische Alternativheulermedizin zu schreiben. Es gibt eine Erwiderung (Link) zum „Magie im Hörsaal“-Artikel vom August aus der SZ. Die ist putzig, enthält herrliche Stilblüten, keine Wirksamkeitsnachweise, das übliche Big-Pharma-Bashing und den lustigen Vorwurf, dass Wissenschaftler und die Kritiker der Husch-Fuschi-Medizin fundamentalistische Dogmatiker sind.

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Herzhafte Überschrift bei Doc-Check-News

Vorsicht, Fuck-up-unktur

Das ist doch mal ein Hinkucker. Mit guten Überschriften fängt man Leser und kurbelt schöne Kommentare an. In dem Artikel geht es um die Risiken der Nadelstecherei, die zwar einen ausgeprägten Plazeboeffekt, aber keine darüberhinausgehende Wirkung auf Erkrankungen hat. Wieso sollte sie auch? Chi ist vorwissenschaftlicher Bullshit, der Meridianverlauf variiert nach Belieben während Staphylokokkus aureus und HBV keine Märchen, sondern reale Krankheitserreger sind. Strikte Hygiene (gründliche Hautdesinfektion) und Einwegnadeln sind also beim chinesischen Voodoo Pflicht. Darum geht es auch in dem Artikel. Die Überschrift ist nur der Eye-catcher und stammt gar nicht von der Verfasserin. Hier ein Auszug und ein paar Links:

Die häufigsten Infektionen wurden mit pyogenen Bakterien beschrieben. In den 70er und 80er Jahren waren dies weltweit 50 Fälle. Die meisten Infektionen mit Eitererregern gingen von der Hautflora der akupunktierten Patienten aus. Offenbar war die Haut vor der Akupunktur nicht ausreichend desinfiziert worden. Bei lokalen Infektionen zeigten sich typische meridian- und Akupunktur-spezifische Läsionen. Nach der Akupunktur entwickelten sich Abszesse und septische Arthritiden, seltener schwere Folgeerkrankungen wie infektiöse Endokarditis, Meningitis, Endophtalmitis u. a. Der Übeltäter in über der Hälfte der Fälle: Staphylokokkus aureus.
[…]
Die genannten Infektionen könnten allerdings nur die Spitze des Eisbergs sein, vermutet Woo und fordert eine bessere Infektionskontrolle. Ein erster Bericht der Übertragung des Methicillin-resistenten Staphylokokkus aureus (MRSA) erschien 2009. Dabei kam es nach Akupunktur zu einer septischen Arthritis mit Zerstörung des Gelenkknorpels und einer Osteomyelitis.
Qualitätsstandards ohne Kontrolle

Das Risiko schwerer Nebenwirkungen nach Akupunktur schätzt der Experte Mike Cummings der British Association of Medical Acupuncturists auf 1:200.000. Insgesamt sei die Akupunktur also sehr sicher.

Doc-Check-News:Vorsicht, Fuck-up-unktur

BMJ-Editorial vom 18. März 2010: Acupuncture transmitted infections
open-acces-Paper bei BMC: An outbreak of post-acupuncture cutaneous infection due to Mycobacterium abscessus

Das ist alles nicht sehr aufregend und könnte sachlich diskutiert werden, wenn nicht die Heultaktiker, „Tierheilpraktiker“ und IGEL-Ärzte (Muhaha) [Reiseimpfberatung als IGEL ist kein Beschiss]wären, die der Autorin Unsachlichkeit, Ahnungslosigkeit und Panikmache vorwerfen. Was ist an der Realität unsachlich? Die Haut ist eine Barriere, sie ist mit Keimen besiedelt und das rituelle Pieksen schafft Eintrittspforten.

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Von der Kunst nichts zu erklären

Im neuesten Teil ihrer kleinen PR-Serie auf www.derStandard.at zeigt Frau Wolkenstein wie man aus einer Pollenallergie maximalen Gewinn schlägt und einem kleinen Jungen entgegen aller Beteuerungen nicht ursächlich behandelt, sondern die durchaus erfolgversprechende Hyposensibilisierung durch einen Blumenstrauß an verschiedenen lukrativen und hübsch alternativen Therapien ersetzt.

Frau Wolkenstein schildert einen typischen Fall einer Pollenallergie bei einem achtjährigen Jungen. Nach ein paar einführenden Worten, in denen sie die Symptome beschreibt und kurz auf die Hygiene-Hypothese eingeht,  kommt sie auf den Punkt:

Die Möglichkeit einer Hyposensibilisierung (Impfung gegen Allergie) gegen die Birkenpollenallergie wurde nach vorausgehender Testung vom zuständigen Facharzt vorgeschlagen. In Absprach (sic!) mit seiner Mutter hatte sich der Junge dazu entschieden, es mit Akupunktur zu versuchen.

Als Ärztin sollte Frau Wolkenstein wissen, dass die vom Facharzt vorgeschlagene Therapie sinnvoll gewesen wäre (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19000581). Für die erfolgreiche Anwendung von Akupunktur bei diesem Krankheitsbild (wie auch praktisch jedem anderen), gibt die Studienlage nicht sehr viel her.

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Wozu ein Wärmflasche wenn man auch eine Therapeutin bezahlen kann?

Im dritten Teil der Werbeserie für das Institut Wolkenstein beim Standard geht es um Menstruationsbeschwerden. Natürlich ein typisches Frauenthema und wieder schafft es Frau Wolkenstein der Patientin einen Großteil ihres Repertoires anzudrehen. Die 35-jährige Patientin klagt über die typischen Symptome von Menstruationsbeschwerden, Spannungsgefühl in den Brüsten, krampfartige Schmerzen im Unterbauch etc. Die Ursache für diese … Weiterlesen

Evemaries wunderbare Welt der abrechenbaren Nonsense-Methoden

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Der zweite Teil aus der Serie „TCM in zwölf Fällen“, die in offenbar unregelmäßigen Abständen in der online-Ausgabe des österreichischen Standards erscheint, ist da!

Wer gedacht hat, dass schon der erste Teil kaum zu toppen sein würde, wird eines Besseren belehrt. Nachdem Frau Wolkenstein beim letzten Mal erklärt hat, wie man geschickt abwartet, bis sich ein Reizdarmsyndrom abschwächt und sich dabei die Zeit mit Akupunktur vertreibt, geht es diesmal darum, wie man auf ein falsch angewendetes Medikament verzichtet und gleichzeitig Zuckerkügelchen, Moxibustionen und eine Ernährungsumstellung verkauft.

Eine 34jährige Frau kommt in die Praxis und sagt: „Seit meiner Kindheit leide ich ständig an grippalen Infekten, sobald es im Herbst kühler wird. Im Sommer geht es mir gut, außer ich bin dem kalten Luftzug einer Klimaanlage ausgesetzt.“

Der konkrete Anlass für die Patienten, zu Frau Wolkenstein zu gehen, war eine erneute Infektion nach einem Langstreckenflug.
Nun ja, es gibt Menschen die besonders anfällig sind für Atemwegsinfekte. Sinnvoll wäre hier eine Angabe gewesen, wie oft es bei dieser Patientin tatsächlich dazu kommt.

Nach der Aufzählung einiger weiterer Symptome erschließt sich so langsam, worauf Frau Wolkenstein diesmal hinaus will: das Immunsystem ist schwach und muss gestärkt werden, und das geht nur, wenn man es warm macht.  Frau Wolkenstein nennt das aber anders, eingeleitet durch das alternativmedizinische Motto „Anders als die Schulmedizin…“ spricht sie davon, den Körper mittels „Regulationstherapie“ ins Gleichgewicht zu bringen und öffnet damit das Schächtelchen der vielen lustigen Therapiemöglichkeiten.

Dass man sich „erkältet“ liegt aber nicht daran, dass einem kalt ist, sondern daran, dass sich bei Kälte die Viren, die die Erkältung auslösen, besser halten. Mit der Körpertemperatur hat das wenig zu tun. Die Kerntemperatur bleibt gleich bei 37°C. Das nennt man Thermoregulation. Die Infekte nach dem Langstreckenflug und durch die Klimaanlage sind vermutlich auch nicht auf eine mangelnde Immunantwort durch die Kälte zurückzuführen, sondern auf die trockene Luft, die die mechanische Barriere der Schleimhäute schwächt.

An dieser Stelle soll aber nicht auf die oft falschen Erklärungen zur Physiologie eingegangen werden, sondern auf die Methoden die Frau Wolkenstein anwendet.

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TCM im Standard: Reizdarm (Colon irritabile)

Bei der Lektüre des Artikels „Reizdarm (Colon irritabile)“ fragt man sich: Wo ist da die TCM? Die Autorin beschreibt ausführlich eine Möglichkeit, wie es zu einem Reizdarm kommt (wenn auch keine die ernsthaft diskutiert würde) und wie die Diagnose erstellt wird – alles auf einer „schulmedizinischen“ Basis. Sie kommt zu dem Schluss, dass ein Ungleichgewicht … Weiterlesen

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