WHO: TCM ins ICD – Traditionelle Chinesische Heilkunde, die lichte Zukunft der Medizin?

Die Weltgesundheitsorganisation hat einen neuen Entwurf der elften Version ihres Klassifikationssystems für medizinische Diagnosen (ICD) vorgestellt, die im nächsten Jahr verabschiedet werden soll. Vorgesehen ist eine neue Abteilung für „traditionelle medizinische Störungen“ (damit ist chinesische, japanische und koreanische „Naturheilkunde“ gemeint). Systematische Bestrebungen, Quacksalberei auf diese Weise hoffähig zu machen, gibt es schon seit längerem. Wir hatten die Geschichte dieser Bemühungen bereits angerissen und mit wenig Erfolg versucht, den Begriffswirrwar zu durchdringen (hier), dessen Zweck darin besteht, grundsätzliche Unterschiede zwischen „traditioneller“ und „westlicher“ Medizin zu verschleiern.

Die „Integration“ der Glaubensmedizin in die wissenschaftlich begründete Medizin erfordert eine gewisse gedankliche Flexibilität, ein Denken, das eingetretene Pfade verlässt. Ben Kavoussi von Science Based Medicine hatte das schon vor einiger Zeit mittels eines Foucault entlehnten Borges-Zitats illustriert [1]:

Dieser Text zitiert „eine gewisse chinesische Enzyklopädie“, in der es heißt, daß „die Tiere sich wie folgt gruppieren: a) Tiere, die dem Kaiser gehören, b) einbalsamierte Tiere, c) gezähmte, d) Milchschweine, e) Sirenen, f) Fabeltiere, g) herrenlose Hunde, h) in diese Gruppierung gehörige, i) die sich wie Tolle gebärden, k) die mit einem ganz feinen Pinsel aus Kamelhaar gezeichnet sind, 1) und so weiter, m) die den Wasserkrug zerbrochen haben, n) die von weitem wie Fliegen aussehen“.

Was bringt die WHO dazu, einen derartigen Bruch mit der Wissenschaft zu vollziehen? Die Generaldirektorin der WHO, Frau Dr. Margaret Chan, äußerte sich zu diesem Thema in einer Grundsatzrede anlässlich der „International Conference on the Modernization of Traditional Chinese Medicine“ am 23. Oktober 2016.

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Cannabis und Straßenverkehr

In diesem Beitrag soll auf ein recht spezielles Thema aufmerksam gemacht werden, und zwar auf die Auswirkungen, die die Verordnung von Cannabis zu medizinischen Zwecken mit sich bringen kann.

Beim legalen Genussmittel Alkohol gibt es mittlerweile rechtlich klare Regeln zum Schutz des Straßenverkehrs. So gibt es Promilleregelungen, die eine relative und eine absolute Fahruntüchtigkeit definieren, und es gibt auch anerkannte Erkenntnisse, die sich mit dem Abbau von Alkohol im Körper und der Dauer dieses Abbaues befassen.

Die Faustregel besagt, dass ein durchschnittlicher Mensch rund 0,1 Promille Alkohol im Blut pro Stunde abbauen kann, also bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,0 Promille nach zehn Stunden wieder nüchtern ist. Das erklärt, warum man den Restalkohol am Morgen nach einem größeren Alkoholgenuss als gefährlich ansehen muss. Zur Kontrolle gibt es für die Polizei mehrere Möglichkeiten, man kann die Atemalkoholkonzentration messen, und zwar bereits bei der Kontrolle auf der Straße, mit einem tragbaren Gerät, oder mit einem auf bestimmten Polizeidienstellen vorhandenen stationären Gerät, welches nach geltendem Recht bereits beweissicher messen kann. Dann kann die Blutalkoholkonzentration gemessen werden mit der klassisch durch einen Arzt durchgeführten Blutentnahme.

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Das Elend der Selbsthilfeorganisationen – ein Fallbeispiel

Selbsthilfeorganisationen und Selbsthilfevereine genießen weitverbreitet ein hohes gesellschaftliches Ansehen; auch wenn hier und da gelegentlich unangenehme Fragen auftauchen und die Effektivität der gewährten Hilfe durchaus in Frage stehen kann. Dass die Bedenken zuweilen nicht ganz unbegründet sind, liegt zu einem guten Teil an der Kritiklosigkeit, mit der solche Organisationen ihre Hilfsangebote zusammenklauben. Hier und da wäre ein fundierter fachlicher Rat besser als der schiere gute Wille. Kehrt sich dieses Verhältnis um, rollen die redlichen Ansätze geradewegs den roten Teppich aus für die Verbreitung pseudomedizinischer Heilsversprechen, über deren Validität sich erkennbar niemand dort ein fundiertes Urteil geschaffen hat. Ein Beispiel? Bitte sehr:

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Das Wahrheitsministerium hat gesprochen

Die Trump-Administration verbietet der obersten Gesundheitsbehörde der USA (Center for Disease Control and Prevention, CDC) die Verwendung einer Liste von sieben Begriffen. The forbidden words are “vulnerable,” “entitlement,” “diversity,” “transgender,” “fetus,” “evidence-based” and “science-based.” Washington Post vom 15. Dezember 2017 Anstelle von „wissenschaftsbasiert“ oder „evidenzbasiert“ soll die Phrase „Das CDC gründet seine Empfehlungen auf die … Weiterlesen

Verzweifelt gesucht: Argumente pro Heilpraktiker

Ende August veröffentlichte eine Gruppe von Wissenschaftlern, Medizinern und Journalisten das „Münsteraner Memorandum Heilpraktiker“ mit dem Ziel, die Politik zum Umdenken bei der Heilpraktiker-Zulassung zu bewegen (wir berichteten). Seitdem wird darüber viel diskutiert, gestritten, polemisiert, nicht selten mit heftigen persönlichen Angriffen.

Was ist da passiert? Ein kurzer Rückblick:

Zunächst wird im Memorandum der Status Quo des Heilpraktikergesetzes von 1939 erläutert:

Durch die staatliche Anerkennung von Heilpraktikern als „Heilkunde” Ausübende und durch die gesetzlich fixierte Berufsbezeichnung „Heilpraktiker” (vgl. Heilpraktikergesetz §1) wird Patienten suggeriert, es handle sich um staatlich geprüfte Heiler, die im Grunde äquivalent zu Ärzten ausgebildet seien und deren Kenntnisse sich zudem – anders als die vieler Ärzte – nicht auf ein oder zwei Fachgebiete beschränkten. Dies wäre jedoch ein klarer Fehlschluss: Medizinstudenten durchlaufen ein der Wissenschaftlichkeit verpflichtetes Studium, an dessen Ende eine staatliche Prüfung steht. Heilpraktiker haben demgegenüber nur eine einzige Prüfung zu bestehen, in der sie nachweisen müssen, dass sie sich bestimmter Grenzen ihres Kompetenzbereichs bewusst sind, etwa bei der Behandlung von Infektionskrankheiten. Darüber hinaus gibt es keine staatlich regulierte Ausbildung.

Weiterhin enthält das Memorandum eine kurze Beschreibung der Arzt-Ausbildung und stellt dieser die Voraussetzungen für den Erwerb der Heilpraktiker-Zulassung gegenüber.

Im weiteren Verlauf werden Bedenken geäußert, welche die Wahrnehmung und Stellung des Heilpraktikerwesens im Gesundheitssystem betreffen:

Gerade wegen der in Deutschland in nahezu allen Bereichen üblichen und erwartbar hohen Qualitätsstandards gehen Menschen hierzulande davon aus, dass solche Standards alle wichtigen Lebensbereiche regulieren – also auch die Gesundheitsversorgung durch Heilpraktiker. Umso größer ist die Gefährdung durch das unkontrollierte Feld des Heilpraktikerwesens.

Als Fazit werden zwei Lösungsvorschläge angeboten, um eine möglichst sichere Versorgung mit gesundheitsbezogenen Dienstleistungen zu erreichen: Einerseits die Streichung des Heilpraktiker-Berufes, alternativ eine Regulierung der Ausbildung und der Tätigkeitsbereiche, die den strengen Anforderungen in anderen Gesundheitsberufen entspricht.

Dass dieses Memorandum von vielen Heilpraktikern als persönlicher Angriff gewertet wird, ist nachvollziehbar, geht es doch in vielen Fällen um die Existenz, um den Verlust der Früchte jahrelanger harter Arbeit und nicht zuletzt um die Reputation als „so etwas ähnliches wie Arzt“.

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Der Münsteraner Kreis – Münsteraner Memorandum Heilpraktiker

Wir möchten an dieser Stelle auf eine sehr interessante und notwendige Aktion hinweisen, die Unterstützung verdient! Münsteraner Memorandum Heilpraktiker Im deutschen Gesundheitswesen existieren zwei Parallelwelten: die Welt der akademischen Medizin, und die Welt der Heilpraktiker. Während die akademische Medizin nach Evidenzbasierung und begründetem Fortschritt strebt, sind Heilpraktiker in der überwiegend unwissenschaftlichen Gedankenwelt der Komplementären und … Weiterlesen

Cannabis – Medizin/Sucht/Mythen/Anekdoten … was uns bewegt

Groucho,
du fehlst uns

Kaum eine Woche vergeht, in der Cannabis nicht als neues Wundermittel gegen Schmerzen, Depressionen, Schlafstörungen und andere Krankheitsbilder angepriesen wird. Und viele derer, die selbst schon mal konsumiert haben, nehmen dies zum Anlass und melden sich als Experten, oft wenig hilfreich, zu Wort.

Wie auch immer, Tatsache ist, zu diesem viel diskutierten Thema findet sich nur schwer eine neutrale Position. Oft geht es zwischen totaler Ablehnung und absoluter Toleranz. Und daraus folgt die Frage der Ebene, auf welcher diskutiert wird. Im Umgang mit, wie auch in der Diskussion über, psychotrope Substanzen und Sucht werden vielfältige und intensive Gefühle mobilisiert. Ich empfehle jedem vorab, stets auf Psychohygiene zu achten.

Wenn es bei der Diskussion nicht allein darum gehen soll, Gefühle zu artikulieren, dann sollten einige Aspekte beachtet werden, die häufig nicht ausreichend beleuchtet werden.

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Cannabis – Hinweise für Ärzte


Wir haben kürzlich darauf hingewiesen, dass es für die seit Neuestem zu Lasten der Krankenkassen rezeptierbaren Hanfblüten keine wissenschaftlich ausreichend gesicherten Indikationen gibt. Der Gesetzgeber wusste dies, denn das hatten ihm Ärztekammer und Arzneimittelkommission mitgeteilt. Er hielt es für unerheblich. Er konnte auch nicht feststellen, wie viele potentiellen Anwender es geben wird und konnte nichts über Kosten prognostizieren. Das finanzielle Polster der Krankenkassen ist dennoch auf jeden Fall ausreichend, die monatlichen Therapiekosten von 1800 EUR (lt. Referentenentwurf) zu stemmen. Also kann es losgehen … aber, Moment: bei einer solchen Therapie handelt sich um „individuelle Heilversuche“, und der Arzt tut gut daran, vorher das Einverständnis der Krankenkasse einzuholen. Ohne ein solches Einverständnis fällt ihm die Verordnung als sog. Regress finanziell auf die Füße, und zwar mit voller Wucht (aus Sicht der Krankenkassen sind die Kosten ein „sonstiger Schaden“).

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Afghanistan: Die glorreichen 65.000

Bei „Den glorreichen Sieben“ (hier sei auch das „Original“ Die sieben Samurai von Akira Kurosawa empfohlen) handelt es sich um eine bunt zusammengewürfelte Truppe, die ein armes Dorf gegen üble Banditen verteidigen und die dabei auch einen hohen Blutzoll zu entrichten hat.

In gewisser Hinsicht ist die Situation in Afghanistan ähnlich. Das Land wird von einem grausamen Feind bedroht, der Kinderlähmung. Aber zur Verteidigung der Menschen haben sich nicht sieben Revolverhelden, sondern zehntausende Impfhelfer und Freiwillige, gefunden. Dazu gehören nicht nur die Angestellten der WHO, Ärzte und Menschen die von Haus zu Haus gehen, sondern auch traditionelle Heiler, Mullahs, Bewahrer heiliger Stätten, und auch einfach Eltern, die sich um ihre Kinder sorgen. Zusammen treten sie an, die Kinderlähmung zurückzuschlagen und ein für alle mal zu besiegen.

Wie auch die glorreichen Sieben hatten sie bereits Opfer zu beklagen. Nicht nur in Afghanistan, auch in den anderen Ländern, wo diese Seuche noch heimisch ist. Bei Anschlägen auf Impfhelfer kamen schon öfter Menschen ums Leben, aber der Erfolg kann sich ebenfalls sehen lassen (PDF, Seite 10).

Noch vor 30 Jahren traf die Kinderlähmung jährlich 350.000 Menschen auf der ganzen Welt. 1988 setzte sich die WHO das Ziel, die Krankheit auszurotten. Und das mit großem Erfolg. Letztes Jahr gab es nur mehr 13 Fälle in Afghanistan, 4 in Nigeria und 20 in Pakistan. Diese drei Länder sind die letzten Landstriche, in denen das Virus noch heimisch ist.

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Trump ernennt Impfgegner zum Impfforscher

Mehrere US-Medien melden: Der Impfgegner Robert F. Kennedy Jr. sagt, er werde den Vorsitz einer Impfkommission für den zukünftigen Präsidenten Donald Trump übernehmen. Der kommende Präsident Donald Trump hat den Impfskeptiker Robert F. Kennedy Jr gebeten, den Vorsitz einer „Kommission zur Impfsicherheit und zur wissenschaftlichen Integrität“ zu übernehmen, sagte Kennedy zu Reportern nach einem Treffen … Weiterlesen

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