Channelling, uralte Flugzeuge und ein Wissenschaftskongress

Eine Sensation! Die Inder haben bereits vor 7.000 Jahren das Flugzeug erfunden. Wunderdinger geradezu, die in jede Richtung und sogar von Planet zu Planet reisen konnten.

Das behauptet zumindest ein Vortragender beim (eigentlich) hochrangigen 102. Indischen Wissenschaftskongress, der derzeit stattfindet und vom indischen Premierminister Narendra Modi eröffnet wurde.

Kapitän Anand J. Bodas, ein pensionierter Pilot, hat am Sonntag mit seiner Rede mächtig Wellen geschlagen. Er präsentierte den Inhalt einer laut der Washington Post uralten Hindu-Sage, was allerdings eine sehr wunderliche Definition des Wortes „uralt“ voraussetzt.

Es handelt bei dem den „uralten“ Text Vaimānika Shāstra, der durch Channeling in den Jahren 1918–1923 durch einen indischen Mystiker empfangen wurde, um ein pseudowissenschaftliches Dokument erster Güte. Wer sich den abstrusen Text durchlesen möchte: eine englische Übersetzung findet sich hier.

Man kann sich vorstellen, dass diese Behauptungen ordentlichen Wirbel ausgelöst und entsprechend Resonanz gefunden haben. Der NASA-Wissenschaftler Dr. Ram Prasad Gandhiraman hat bereits im Vorfeld eine Petition gestartet, um diesen pseudowissenschaftlichen Vortrag zu stoppen, den er als himmelschreiend empfand. Mehr als 200 Wissenschaftler haben unterzeichnet, um sich diesem Vortrag, der wohl auf politischen Druck zustande gekommen ist, zu widersetzen.

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Hellseherei für 2015 in der österreichischen Kronenzeitung

Gerade haben wir im letzten Beitrag die Bitte des BILDBlog um Unterstützung erwähnt und wie man auch an diesem Blogbeitrag sehen wird: Seiten wie der BILDBlog sind bitter nötig.

Wir haben hier im Blog ja schon mehrfach diese österreichische Zeitung aufgegriffen, die „qualitativ“ der BILD kaum nachsteht. Sie ist offenbar sehr esoterikaffin und bringt in schöner Regelmäßigkeit entsprechende Schwachsinns-Artikel. Wenn wir jeden entsprechenden Artikel kommentierten, würde das unser Blogaufkommen vervielfachen …

Dem Leser sei an der Stelle stattdessen Kobuk empfohlen, das österreichische Äquivalent des BILDBlogs. Im aktuellen Posting ärgert man sich dort gerade darüber, dass aus einer durch Schock traumatisierten Großmutter eine „tobende Türkin“ gemacht wurde.

Passend zum neuen Jahr bringt die Krone schön unkritisch, wie es sich gehört (bloß nichts hinterfragen, damit könnte man ja den Ruf als Käseblatt gefährden), in der Sonntagsbeilage wieder ihre Hellsehergeschichten.

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Kühlschränke für Eskimos und Strom aus Neutrinos

„Wenden Sie sich von kaufmännischen Tätigkeiten ab, machen Sie lieber etwas anderes“. Diese Worte gab der Richter der Wirtschaftsstrafkammer dem damals 39-jährigen Angeklagten mit auf den Weg, als er ihn in vier Fällen wegen „besonders schweren Betruges“ zu vier Jahren und vier Monaten Haft verurteilte. Das war im September 2003, nachdem der Immobilien- und Kredithändler bereits einige Monate in Untersuchungshaft verbracht hatte.

Ausriss Göttinger Tageblatt vom 5.9.2003 mit Passfoto von Holger Schubart

„Es gibt Leute, die in der Lage sind, mitten im Winter einem Eskimo auf einer stromlosen Eisscholle auf Südkurs einen Kühlschrank zu verkaufen und ihm dabei auch noch das Gefühl zu vermitteln, er habe ein Schnäppchen gemacht.“ So zitierte das Göttinger Tageblatt damals einen Zeugen des Betrugsprozesses. Unser Wiki ist prall gefüllt mit Personen und Geschäftsmodellen, die nach diesem Prinzip arbeiten: Überzeugendes Auftreten, die Ausnutzung von Gier und Hoffung mehr oder weniger argloser Opfer und großartige Versprechungen, die bei genauerem Hinsehen eben doch zu schön sind, um wahr zu sein.

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Der geheimnisvolle Mr. Neutrino – Durchbruch bei Elektroautos?

Der „Focus“ berichtete am 6. November groß darüber in seiner Online-Ausgabe: „2.000 Kilometer ohne Nachladen: Diese Firma verspricht das Elektroauto-Wunder“. Wenn jemand ein Wunder verspricht, das zu schön klingt, um wahr zu sein, interessiert sich Psiram natürlich ganz besonders dafür.

Focus über Neutrino Inc.Eine spezielle Batterie sei von der Firma Neutrino Inc. entwickelt worden, heißt es, über die Firmenchef Schubart zu berichten weiß, dass sie mit Hilfe einer speziellen Folie in der Lage sei, Energie aus Neutrino-Strahlung zu gewinnen.

Erinnern wir uns: Neutrinos sind unvorstellbar kleine und fast masselose Teilchen, die eben wegen ihrer geringen Masse in der Lage sind, sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit durch das All zu bewegen. Ein neutrales Teilchen mit so geringer Masse interagiert naturgemäß auch so gut wie nie mit anderer Materie. Riesige Eisblöcke oder Wassertanks sind notwendig, um überhaupt mit planbarer Wahrscheinlichkeit solche Interaktionen zu beobachten. Florian Freistetter erklärt in einem aktuellen Blog-Beitrag, wo Neutrinos entstehen können und wie sich ihre Existenz mit viel Aufwand feststellen lässt.

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Die Scientabilität, die Homöopathie und die Wissenschaftsbasierte Medizin. 2. Was soll’s

In Anbetracht der eingangs Teil 1 formulierten Kritik könnte man die „Scientabilität“ wegen fehlender praktischer Folgerungen als irrelevant ad acta legen. Aber sie hat einen Kern, der eine nähere Betrachtung verdient. Bei der Bewertung von Studienergebnissen ist die Einbeziehung der a-priori-Wahrscheinlichkeit unverzichtbar, oder schlicht gesagt: außergewöhnliche Ansprüche erfordern außergewöhnlich gute Beweise. Faraday soll gesagt haben, wenn es gelänge, mit Gedankenkraft auch nur eine Feder anzuheben, müsste sich unsere Auffassung vom Weltall ändern. Das gleiche gilt für die Homöopathie: die Datenlage aus 200 Jahren Wissenschaftsgeschichte ist einfach überwältigend. Wohl kaum etwas in der Medizin ist besser und gründlicher untersucht worden als die Homöopathie. Diese Datenlage kann mit einer positiven kontrollierten Doppelblindstudie nicht ausgehebelt werden. Es wäre um Größenordnungen wahrscheinlicher, dass diese Studie fehlerhaft war; und wenn sie es nicht war, dann kann sie nur das methodisch bedingte, unausweichliche 5% Grundrauschen repräsentieren. Die weitere „Forschung“ auf diesem Gebiet wäre in der Tat sinnlose Vergeudung von Ressourcen. Es genügt vollständig, sich mit den bereits vorliegenden zusammenfassenden Berichten bekannt zu machen (z.B. dem Donner-Report 1966, dem Bericht an das House of Commons 2010, dem australischen NHMRC-Papier von 2014 oder unüberschaubar vielen anderen mehr).

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Die Scientabilität, die Homöopathie und die Wissenschaftsbasierte Medizin. 1. Kritik und Kritiker

 

Russel“Shall we educate ourselves in what is known, and then
casting away all we have acquired, turn to ignorance for aid
to guide us among the unknown?”
Sollen wir erlernen, was bekannt ist und uns dann, indem wir alles Erlangte fortwerfen, der Unwissenheit als Reiseführer ins Unbekannte zuwenden?

– Michael Faraday

 

Das Konzept der „Scientabilität“, vorgestellt von Christian Weymayr [1], besagt (in äußerster Knappheit), dass es ein ressourcenverschwendender Unsinn sei, die homöopathischen Absurditäten weiterhin ernsthaft zu untersuchen und so den Anschein zu erwecken, man könnte da noch etwas Wichtiges herausfinden. Weymayr stellt fest, dass die Homöopathie auf der Annahme geistartiger, immaterieller Wirkkräfte beruhe und folgert schließlich:

„Da irrelevante Studien keinen Nutzen haben, sie jedoch schaden können, indem sie etwa die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft untergraben, sollen klinische Studien zur Wirksamkeit homöopathischer Arzneien unterbleiben. … Medizinische Maßnahmen sollen nur dann in klinischen Studien untersucht werden, wenn sie sicheren Erkenntnissen nicht widersprechen.“

Das ist natürlich ein wenig schlicht gedacht. Verlangt werden könnte höchstens, dass eine öffentliche Finanzierung solcher Studien eingestellt werde (die es in Deutschland nicht oder fast nicht gibt). Für jeden, der sich ernsthaft mit der Materie auseinandergesetzt hat, ist klar: Homöopathie-Studien sind reine Marketing-Instrumente, und es dürfte kaum durchsetzbar sein, Werbung zu verbieten. Globuli sind schließlich keine Zigaretten. Auch ist keinerlei Grund erkennbar, warum sich die einschlägigen Zeitschriften zur Scientabilität bekehren und auf die Publikation solcher Studien verzichten sollten; allenfalls könnte man die Redaktionen der seriösen Fachpresse damit ein wenig kratzen.

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Wir impfen nicht! – Eine Rezension

Wir Impfen nicht!

Wir Impfen nicht!Der Aids-Leugner Michael Leitner hat einen Film mit dem Titel „Wir impfen nicht“ gedreht. Die Geschichte hätte sich anfangs um das tragische Schicksal des kleinen Leon drehen sollen, der angeblich an einer Impfung fast gestorben wäre.

Dummerweise (für den Film) gestand der Vater kurz darauf, dass er seinen Sohn fast tot geschüttelt hatte. Kein Impfschaden, einfach Kindesmisshandlung. Das Kind konnte gerettet werden, der Vater wurde schlussendlich verurteilt. Man könnte meinen: Ende der Geschichte. Aber den Film – den hat Herr Leitner trotzdem gedreht.

Wir haben ihn uns angesehen und halten nichts davon. Man kann uns hier sicher eine gewisse Voreingenommenheit vorwerfen; wir meinen: Wenn jemand HIV für einen Mythos hält, sollte er zu medizinischen Themen einfach grundsätzlich den Mund halten.

Der Film beginnt im Vorspann dann auch mit einer Suggestivfrage:

Würden Sie sich oder Ihren Kindern freiwillig eine der folgenden Substanzen injizieren lassen:
* Das Zell- und Nervengift Aluminium
* Oder das krebserregende Nervengift Formaldehyd?
* Dann vielleicht organische Quecksilberverbindungen wie Thiomersal?
* Oder einen Schwarm genetisch veränderter Mikroorganismen, die auf Embryonalzellen oder pürierten Mücken gezüchtet wurden?

Es wird angedeutet, dass Impfungen all das enthalten. Klingt schrecklich? Naja. Nicht wirklich.

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Hogwarts an der Oder: mag. plast. scham. – oder: Wer will noch mal, wer hat noch nicht?

intrag2Da die Viadrina der Empfehlung der Hochschulstrukturkommission nicht folgen mochte und das IntraG nach wie vor besteht, bleibt uns ein thematischer Dauerbrenner erhalten: das [hüstel] Lehrangebot des Instituts.

Im Jahr 2014 werden im Modul „4a – Medizinethnologie“ Veranstaltungen angeboten, die offenbar auf einen Magister im Plastikschamanismus abzielen. So gibt es eine Veranstaltung von insgesamt sechs Stunden zu „Weltbild und Heilkunde nordamerikanischer Indianerstämme am Beispiel des Liban-Apache-Stammes“ [sic], als DozentIn ist nur „Gonzales Flores“ angegeben. Offenbar handelt es sich bei Herrn oder Frau Gonzales Flores um einen ganz geheimen wirklichen Geheimrat, da das gesamte Internet keine weiteren Ergebnisse finden kann, die auf eine Tätigkeit in der Ethnologie hindeuten. Das ist schade, weil wir unseren Lesern daher einen Überblick über die Tätigkeit dieses sicherlich hochqualifizierten und höchst produktiven Dozenten mit erheblichem Papierausstoß leider versagen müssen. Hinsichtlich der Qualifikation wundert es uns aber schon, dass einE EthnologIn im Titel der Veranstaltung gleich zweimal den Begriff „Stamm“ erwähnt und nicht etwa von „Ethnie“ spricht. Noch verwunderlicher ist es, dass eine solche Fachperson es nicht schafft, den Namen der Ethnie fehlerfrei zu schreiben. Da eine Fachperson ebenso wissen sollte, dass die indigenen Kulturen Nordamerikas sehr diversifiziert sind, hoffen wir doch, dass Herrn oder Frau Gonzales Flores in der sechsstündigen Veranstaltung keine unangebrachten Verallgemeinerungen unterlaufen sind.

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Aids? Da haben wir auch was für Sie …

Weil wir gerade so schön dabei sind, wollen wir noch so eine glänzende Homöopathen-Truppe vorstellen: Homoeopathy for Health in Africa

Das sind Männer und Frauen mit einer Mission:

  • To relieve the suffering of HIV/AIDS patients using classical homoeopathy
  • To identify the homoeopathic remedies most successful in treating HIV/AIDS
  • To spread this knowledge throughout Tanzania and Africa
  • To produce formal, ethical research
  • To prove to the world what homoeopathy can do

Das muss man wohl nicht übersetzen, die gefetteten Begriffe sind wohl Augenschmaus genug.

Jeremy Sherr, der Gründer dieser Aktion ist kein Unbekannter: schon 2009 hatte Orac viel Freude an seinem Geschwurbel.

Sherr fühlte sich damals (und auch heute noch) von der „pharmazeutischen Inquisition“ verfolgt, nur weil er eine ziemlich kreative Idee für eine homöopathische Studie hatte.

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LMU: Eine Uni wird geräuchert

Eröffnet Hogwarts an der Oder eine Filiale an der Isar? Man möchte es fast meinen, vernimmt man den GWUP-Blog. Kopfkratzend liest man dort Bernd Harders Artikel “Heiler und Medizinmänner: Wird die LMU München zur Schwitzhütte?”. Es geht um den “Weltkongress der Ganzheitsmedizin”, veranstaltet von “Infomed – Institut für Ganzheitsmedizin” und man fragt sich, was das an einer Uni, und dann auch noch an der renommierten Ludwig-Maximilians-Universität (LMU ) zu suchen hat. “Nichts”, meint sinngemäß auch der Dekan der Medizinischen Fakultät, welchen die GWUP um Stellungnahme bat:

Wir haben die LMU angeschrieben und vom Dekan der Medizinischen Fakultät, Herrn Prof. Dr.med. Dr.h.c. Maximilian Reiser, persönlich eine Antwort erhalten.
Demnach ist ein “Weltkongress der Ganzheitsmedizin” der Hochschulspitze nicht bekannt und den Hinweis auf die Fakultät erachte man als “rufschädigend”.

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