Der Fall Regividerm ist noch nicht lange her, und schon wieder ist es einer Interessengruppe gelungen, einen öffentlich-rechtlichen Sender in redaktionellen Tiefschlaf zu versetzen, was seine journalistische Pflicht und Redlichkeit angeht. Offenbar genügen Stichworte wie „ganzheitlich“ und “Schulmedizin” in Verbindung mit sanften Frauenstimmen und zarter Klaviermusik, um einer ganzen Redaktion jegliche Kritikfähigkeit zu rauben. Nun ist man ja das kritiklose Nachbeten sogenannter alternativer Methoden fast schon gewohnt, denkt man z.B. an die Online-Ausgabe des „Standard“ mit dessen Dauerwerbeveranstaltung für das Institut Wolkenstein in der Rubrik Gesundheit.
Das besondere an diesem Fall ist, dass sich diesmal der Rundfunksender Bayern2 dafür hergegeben hat, normalerweise einer der wenigen noch übrig gebliebenen Sender, die ein qualitativ gutes Programm machen und dem man jenseits von unverbindlicher Verblödungsbespaßung guten Journalismus zuschreiben kann. Richtig peinlich wird es, wenn sich dort ausgerechnet die Sendung „IQ – aus Wissenschaft und Forschung“ so ein fettes Kuckucksei der Homöopathenlobby unterjubeln lässt.
So war die Sendung gestern um 18:05 “Homöopathie – Wunschdenken oder Wissenschaft” eine einzige Ansammlung von Halbwahrheiten und Unterlassungen an bekannten Kritikpunkten. Besonders schlimm war die akustische Dramaturgie: So wurden die wenigen kritischen Stimmen von einem Sprecher mit herablassend-hochnäsig-arroganter Stimme verlesen, danach diese meist aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate von einer sanften Frauenstimme, mit noch sanfteren Klavierklängen untermalt, “widerlegt”. Alleine dies ist eine journalistische Unmöglichkeit; so etwas ist in einem Feature, Hörspiel, oder Kommentar u.U. angemessen, aber sicher nicht einer Wissenschaftssendung mit informativer Absicht.
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